Nur gut gestylt zum Bewerbungsgespräch

Beim Aktionstag „Teamarbeit für Deutschland“ im Kölner Gürzenich ruft NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück Jugendliche dazu auf, bei der Jobsuche Eigeninitiative zu zeigen. Jobs hat er auch keine, dafür hagelt es Outfit-Tipps

Köln taz ■ Die Macher von „Teamarbeit für Deutschland“ wissen, woran es hakt: Deutschland braucht mehr Engagement. Die Politik allein könne das Arbeitslosenproblem nicht lösen, neue Ideen und Konzepte seien gefragt. Und vor allem die Jugendlichen müssten sich mehr anstrengen, dann klappe das schon mit der Arbeit. Das jedenfalls war die zentrale Botschaft, die NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück gestern auf dem Aktionstag „Teamarbeit für Deutschland“ im Kölner Gürzenich zu verkünden hatte. „Die Politik hat zwar eine Bringschuld, aber Ihr habt auch eine Holschuld“, sagte er in Richtung der rund 350 anwesenden Schülerinnen und Schüler aus Köln und Umgebung.

Wenn die gekommen waren, um hier konkrete Ausbildungs- oder Arbeitsangebote von Firmen einzuholen, wurden sie enttäuscht. Zwar will die Regierungsinitiative „Teamarbeit für Deutschland“ mit ihren Aktionstagen quer durch die Republik vor allem Unternehmen und Initiativen vorstellen, die sich „auf besondere Weise“ für mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze einsetzen. In Köln dominierten eindeutig die Beratungseinrichtungen und Initiativen wie „Zeitsprung“, „Equal“, „Alt hilft Jung“, „Jugendwerkstatt Nippes“. Auch die Agentur für Arbeit, IHK und Handwerkskammer durften natürlich nicht fehlen. Unternehmen waren dagegen nur wenige vertreten. Etwa Burger King: Das Unternehmen hat in diesem Jahr 150 zusätzliche Ausbildungsplätze zum Systemgastronomen eingerichtet, lobt „Teamarbeit“. Und der Personalleiter war eigens gekommen, den Jugendlichen zu erklären, was so ein Systemgastronom eigentlich macht. Und um Tipps und Tricks fürs Bewerbungsgespräch zu geben.

Überhaupt schien auf der Veranstaltung der Gedanke vorzuherrschen, dass vielen Jugendlichen die grundlegendsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung fehlen. Dafür etwa „nimmt man nicht gerade das Urlaubsfoto“, wurde bei einer Talkrunde erklärt. Außerdem ist „ein gutes Outfit wichtig“, belehrte Eins-Live-Moderator und Conferencier des Tages, Jan Böhmermann, das Publikum. Wie praktisch, dass Galeria Kaufhof und Douglas da waren, um vier Jugendlichen in der „Vorher-Nachher-Show“ das passende Styling für die erfolgreiche Bewerbung zu verpassen.

Für Tim Ehle, 16 Jahre und Realschüler, war das vermutlich genau das Richtige. Er sei vor allem gekommen, um etwas über Bewerbungen zu lernen, „wie man sich stylen soll“. Stefan Winopal, 18 Jahre, zur Zeit arbeitslos, hätte sich dagegen „mehr von der Veranstaltung versprochen“. Er suche einen Ausbildungsplatz „im Medienbereich, am liebsten Mediengestalter“. Dazu habe er beim Aktionstag aber keine Informationen bekommen. Auch Sandra Heimbach, ebenfalls 18, vermisste Informationen für ihr Interessengebiet, die KFZ-Mechanik. „Das ist doch sehr auf Medienwirksamkeit getrimmt hier“, fand sie.

Zumindest Sandra hätte allerdings tatsächlich geholfen werden können. Eine der wenigen Firmen im Gürzenich – neben der Kölner Bäckerinnung, die übrigens noch 100 Azubis sucht – war „auto-perfekt“ aus Porz-Lind. Der Firmeninhaber, KfZ-Meister Josip Jakopin, ist einer der „Profis der Nation“ von „Teamarbeit für Deutschland“. Die „Profis“ gehören zum „Team“, weil sie aktiv Arbeits- und Ausbildungsplätze schaffen. Und Jakopin bildet seit 17 Jahren Jugendliche aus, die keine oder nur schlechte Schulabschlüsse haben. Damit habe er durchaus gute Erfahrungen gemacht. Dass er mit diesem Engagement als Unternehmer offenbar etwas Besonderes ist – schließlich hat „Teamarbeit“ ihn deswegen ins Boot geholt – findet er „traurig“: „Wir müssen doch dafür sorgen, dass die Jugendlichen ausgebildet werden.“ SUSANNE GANNOTT