Günstige Preise fallen ins Wasser

Wieder planen die teilprivatisierten Wasserbetriebe eine saftige Preiserhöhung. Anfang des Jahres wurde der Liter 15 Prozent teurer, ab Januar kommen noch mal 5 Prozent drauf. Das liege an einer seltsamen Vertragskonstruktion, sagen SPD-Linke und Attac. Sie fordern den Rückkauf der Gesellschaft

VON FELIX LEE

Duschen, Tee trinken und auch die Kanne für die durstende Yucca-Palme wird in Berlin immer teuerer. Heute wird der Aufsichtsrat der teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe (BWB) beschließen, dass der Wasserpreis von Januar 2005 an um etwa 5 Prozent steigen wird. Das heißt: Auf den Verbraucher kommen noch einmal Mehrkosten zwischen 20 und 35 Euro im Jahr zu.

Erst Anfang dieses Jahres hatten die BWB die Preise um 15 Prozent angehoben. Mit der zweiten Erhöhung gehören die BWB nun endgültig zu den teuersten Versorgern deutscher Großstädte.

Die BWB begründeten ihren Schritt damit, dass der Wasserabsatz in Berlin wegen abnehmender Bevölkerungszahlen, des Wegzugs vieler Betriebe, vor allem aber wegen des Einsatzes moderner Haushaltsgeräte in den vergangenen Jahren ständig gesunken sei. Der Pro-Kopf-Verbrauch sei in den vergangenen 15 Jahren um rund 40 Prozent zurückgegangen und liege bei nur noch 119 Litern am Tag. Zugleich würden wegen des Ausbaus des Leitungsnetzes die Fixkosten steigen, die nach Angaben der BWB inzwischen 80 Prozent der Gesamtkosten verschlingen.

Die SPD-Linke Gerlinde Schermer widerspricht und sieht ganz andere Ursachen: Nicht die höheren Fixkosten seien die Preistreiber, sondern der so genannte Konsortialvertrag. Dieser Vertrag geht auf das Jahr 1999 zurück. Um den Haushalt zu sanieren hatte die damalige Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) beschlossen, die Wasserbetriebe zu verkaufen. Schon damals regte sich selbst in den Reihen der SPD Widerstand, sollte hier doch erstmals ein Bereich privatisiert werden, der zum Kern der so genannten Daseinsvorsorge gehörte, nämlich allen Berlinern sauberes Trinkwasser zu erschwinglichen Preisen zu gewährleisten.

Die damalige große Koalition beschloss nach einigem Gezerre auch in Kreisen der SPD den Verkauf von 49,9 Prozent der bis dahin landeseigenen Betriebe. Der Zuschlag ging an ein Konsortium aus RWE und Veolia, damals noch Vivendi, das für rund 1,7 Milliarden Euro den Anteil der BWB übernahm (siehe Kasten). Der Fehler: Im Vertrag wurde den beiden Unternehmen eine feste Rendite aus dem Wasserpreis garantiert. Im Gegenzug versprachen sie den Erhalt von rund 6.000 Arbeitsplätzen und stabile Wasserpreise – bis eben Anfang 2004.

Nun muss nicht nur der Verbraucher wegen erhöhter Wasserpreise leiden: Rund 2.000 Jobs sind nach Angaben Schermers seitdem verloren gegangen. Selbst die 15-prozentige Preissteigerung Anfang des Jahres, die durch den Wegfall der Preisbindung möglich war, genügte nicht, um die von Fugmann-Heesing versprochene Rendite zu erbringen. Allein in diesem Jahr musste das Land auf 41,2 Millionen Euro seines Gewinns verzichten. Die satte Rendite-Garantie gilt allerdings bis 2028. Laut Schermer wird sich dieser Einnahmeausfall jährlich gar um zwei bis drei Prozent erhöhen. Einmal mehr zeige sich, dass die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe ein schwerer Fehler war, so Schermer.

Besonders empört war sie über den Vorschlag des Wirtschaftssenators Harald Wolf (PDS), der im Sommer auf Betreiben der Industrie- und Handelskammer ein völlig neues Tarifsystem aushandeln wollte: Ein Grundpreis für alle sollte dabei mit einem verbrauchsabhängigen Aufschlag verbunden werden – ähnlich wie bei Telefon- oder Stromgebühren. Sein Argument: Die Bereitstellungskosten von Wasser würden auch Geringverbraucher verursachen. In der Konsequenz hätte das geheißen, dass jeder die Grundgebühren zahlen müsste – nicht nur für die SPD-Linke Schermer eine Strafe an alle ökologisch Verantwortungsbewusste, die versuchen, das Nass sparsam zu verwenden.

Gemeinsam mit den Globalisierungskritikern von Attac, die bereits seit einiger Zeit gegen die Privatisierung öffentlicher Güter wettern, fordert Schermer jetzt den Rückkauf der Wasserbetriebe. Die Aufnahme eines Kredits in Höhe des Kaufpreises wäre damals um mehr als eine Milliarde Euro günstiger gewesen als die Teilprivatisierung. Und selbst jetzt würde sich nach ihrer Rechnung finanziell ein Ausstieg aus dem Konsortialvertrag noch lohnen: Wenn das Land den damaligen Kaufpreis samt Zinsen zurückerstatten würde, käme ein Betrag von rund 2,3 Milliarden zusammen. Durch die garantierte Rendite muss Berlin aber bis Ende der Vertragslaufzeit 2028 auf 3,25 Milliarden Euro verzichten.