Bahn vertagt die Privatisierung

Entscheidung über Börsengang der Bahn fällt frühestens im Jahr 2005. Das Unternehmen erhält in vier Jahren 6 Milliarden Euro weniger vom Bund als geplant

BERLIN taz ■ Die Entscheidung über einen Börsengang der Deutschen Bahn soll frühestens im Jahr 2005 fallen. Das teilte der Konzern gestern nach einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtrates mit. Bahnchef Hartmut Mehdorn wollte den Staatskoloss ursprünglich schon bis zum übernächsten Jahr privatisieren. So versicherte er trotzig: „Die Bahn wird in einem schwierigen Umfeld auf ihrem Kurs zur Kapitalmarktfähigkeit bleiben.“

Ob und wann die Bahn an die Börse geht, entscheidet ohnehin der Bund. Noch ist er der Alleineigentümer. Erst vor kurzem hatte Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) den Börsengang grundsätzlich in Frage gestellt. Bis zum Jahresende sollen nun mehrere Arbeitsgruppen die Börsenfähigkeit prüfen. Zugleich wird die Meinung der Investmentbank Morgan Stanley eingeholt.

Das gestrige Treffen war auf Druck der Bahngewerkschaft Transnet zustande gekommen. Deren Vorsitzender Norbert Hansen sagte: „Mehdorn hat sich in seinen Planungen vergaloppiert.“ Die Bahn, so rechnete Hansen vor, erhält in den nächsten vier Jahren 6 Milliarden Euro Bundesmittel weniger als eingeplant. Das liegt zum einen am Sparkurs von Bundesfinanzminister Eichel, zum anderen an den fehlenden Einnahmen aus der Maut. Im Dezember wird Mehdorn dem Aufsichtsrat nun eine neue Planung präsentieren müssen.

Gestern konnte der Bahnchef sich dennoch ein wenig gelassen geben: In den ersten Monaten dieses Jahres steigerte die Bahn den Umsatz um 1,7 Prozent auf 11,7 Milliarden Euro. Geringere Einnahmen im Fernverkehr, die nach der Pleite mit dem neuen Preissystem um 600 Millionen Euro unter den Erwartungen blieben, seien durch Einsparungen und gute Entwicklungen in anderen Geschäftsfeldern aufgefangen worden. Im Vergleich zu anderen europäischen Bahnen stehe das Unternehmen hervorragend da.

Deren Wettbewerb wird immer wahrscheinlicher. Gestern beschlossen die EU-Parlamnentarier, dass der Schienenverkehr spätestens Anfang 2008 liberalisiert werden soll. Allerdings will der Europäische Rat nur den Schienenfrachtverkehr liberalisieren. Nun gibt es ein Vermittlungsverfahren. HG