Fouad Elkoury

Immer wieder bemerkt Fouad Elkoury über seine Arbeit als Fotograf: „Ich lasse stets ein Bild hinter mir: das Bild, das ich gesehen, aber nicht aufgenommen habe. Ich erinnere mich genauestens an die Fotografien, die ich nicht gemacht habe.“ Anzunehmen, dass sehr guten Fotografen diese Erinnerung wohl bekannt ist. Denn es ist eben das Foto, an das sich Fouad Elkoury so genau erinnert und nicht nur das gesehene Bild. Ihm bleibt also die eigene, originäre Konstruktion im Gedächtnis haften, mit der er das Bild, im Moment, als es sich anbot, zu seiner Aufnahme zu machen gedachte. Die Fotografien jedenfalls, die der libanesische Fotograf wirklich schoss, fallen vor allem aufgrund der spezifischen Sichtweise auf, die sich in ihnen dokumentiert, und nicht nur wegen der aufgenommenen Sachverhalte.

Diese findet der Fotograf vornehmlich im Nahen Osten, im Libanon, in Jordanien, in Gaza und dem Westjordanland, einer Region, die den Menschen der übrigen Welt fast nur als Kriegsschauplatz bekannt ist. Jenseits der Bilder der Zerstörung haben wir nur vage Vorstellungen; Fantasien vom Orient, von verwunschenen Orten, exotischen Sitten und geheimnisvollen Menschen.

Fouad Elkourys Schwarzweißaufnahmen könnten unsere vagen Ahnungen befördern, denn über den zweifellos dokumentarischen Gehalt seiner Bilder hinaus, fasziniert eine traumverlorene Stimmung, die seine Bilder charakterisiert, fasziniert sein offensichtliches Spiel mit der Imagination. Elkoury korrigiert aber auch unsere vagen Annahmen, denn die Traumverlorenheit des Alltags findet der Fotograf, der wie viele seiner Kollegen, aber auch wie generell viele Menschen des Nahen Ostens ein ewig Reisender ist, auch in Südamerika und in Kalifornien, in Paris und nicht nur in Beirut.

Fouad Elkoury gibt uns dann doch sehr konkrete Bilder der arabischen Welt. Dem 1952 in Paris geborenen, in London als Architekt ausgebildeten Fotografen, der inzwischen auch Filmemacher ist, gelingt das aber nicht nur über seine eigene Arbeit, sondern auch über die von ihm 1997 gegründete Arab Image Foundation (AIF).

Rund 20.000 Bilder, Abzüge und Negative aus Privatbesitz und den aufgelösten Archiven professioneller Fotografen hat er bislang gemeinsam mit seinen Freunden Samer Mohdad und Akram Zaatari sowie weiteren Kollegen gesammelt, vornehmlich aus der Zeit zwischen dem Ersten Weltkrieg und den Siebzigerjahren, wobei einige Konvolute auch aus dem 19. Jahrhundert stammen.

Alle Bilder wurden von arabischer Seite aufgenommen. Die arabische Welt möge ihre Bilder nicht hinter sich lassen, wie er es für sich beschreibt, sie möge sie hinterlassen: Dieser Gedanke könnte den Wunsch, ein alternatives Bildarchiv zu dem des Westens aufzubauen, geweckt haben.

BRIGITTE WERNEBURG

Wir bedanken uns bei Fouad Elkoury für die Überlassung der Reproduktionsrechte an seinen Fotografien für unsere Buchmessenbeilage. Ebenso bei Anne Maier und der Galerie Tanit in München für ihre Unterstützung. Die Fotos sind aus dem Bildband „Sombres“, der 2002 bei Marval in Paris erschien.Im Oktober 2004 kommt bei L’oeil neuf éditions Fouad Elkourys aktuelles Buch „La sagesse du photographie“ heraus.