Rumsfeld: Irakkrieg basierte auf Lüge

US-Verteidigungsminister räumt ein, dass sich eine Verbindung zwischen Saddam Hussein und al-Qaida nicht nachweisen lässt. Auch der zweite Kriegsgrund ist hinfällig: US-Waffeninspekteure haben keinerlei Massenvernichtungswaffen im Irak aufgespürt

BERLIN taz ■ So eindeutig wie nie zuvor hat US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Montag zugegeben, dass es „keine harten Beweise“ für irgendeine Verbindung zwischen dem Terrornetzwerk al-Qaida und dem irakischen Regime Saddam Husseins gegeben habe. Seine früheren Äußerungen, als er das Gegenteil behauptete, hätten auf Geheimdienstberichten des damaligen CIA-Chefs George Tenet basiert. Der ist inzwischen zurückgetretenen.

Damit ist nach den nicht existierenden Massenvernichtungswaffen auch die letzte öffentliche Begründung für den Irakkrieg offiziell dementiert. Ob US-Präsident George W. Bush das allerdings zur Kenntnis nehmen wird, ist fraglich. Noch bei der Fernsehdebatte mit seinem Herausforderer John Kerry in der vergangenen Woche hatte Bush davon gesprochen, der Irak sei eine „Bedrohung“ gewesen, die es auszuschalten gegolten habe.

Zwar ließ Rumsfeld gestern verbreiten, er sei mit seiner Äußerung „missverstanden“ worden – inwiefern verrät der Minister allerdings nicht. Ein wohlfeiler Rückzieher – denn Rumsfelds Eingeständnis war eine Steilvorlage für den demokratischen Vizepräsidentschaftskandidaten John Edwards, der sich in dieser Nacht zur Fernsehdebatte mit Vizepräsident Dick Cheney traf. Mehr als jedes andere Regierungsmitglied hatte Cheney immer wieder behauptet, Irak habe Kontakte zu al-Qaida unterhalten und unmissverständlich angedeutet, Saddam Hussein stecke hinter den Anschlägen des 11. September 2001.

Was die Massenvernichtungswaffen angeht, droht der US-Regierung bereits neue Unbill: Heute soll in den USA der Bericht der US-Waffeninspekteure für den Irak veröffentlicht werden. Laut Zeitungsberichten kommt er zu dem Schluss, dass der Irak zum Zeitpunkt der Invasion keine Massenvernichtungswaffen besessen und auch keine entsprechenden Programme unterhalten habe. Allerdings sei der Irak möglicherweise bestrebt gewesen, nach einem Ende der UN-Waffeninspektionen solche Programme erneut aufzunehmen.

Die New York Times bemüht sich unterdessen aufzuzeigen, wie bewusst die Regierung vor dem Krieg falsche Informationen in die Welt gesetzt hat. Anhand der im Irak gefundenen Aluminiumrohre, von denen behauptet wurde, sie seien für den Bau von Nuklearwaffen bestimmt, weist die Zeitung in ihrer Ausgabe vom Sonntag nach, dass die Regierung längst die abweichenden Einschätzungen nahezu aller Experten kannte, als sie öffentlich trotzdem weiter von Nuklearprogrammen berichtete. BERND PICKERT

ausland SEITE 9meinung und diskussion SEITE 11