Machen Sie was aus Ihrem Geld

Wer sein Kapital direkt in einem Unternehmen anlegt, geht ein hohes Risiko ein. Dafür hilft er aber dabei, die notorisch dünne Eigenkapitaldecke deutscher Mittelständler zu flicken. Und er schiebt damit die Konjunktur an

von GERNOT KNÖDLER

Oliver Scheuber hätte sich gerne selbständig gemacht, stieß aber auf ein unerwartetes Problem. „Die Banken vertreten zwar den Ruf, für Existenzgründer da zu sein, die Wirklichkeit sieht aber anders aus“, sagt der junge Hochschulabsolvent. Der Abteilungsleiter habe ihm offen gesagt, eine Existenzgründung zu finanzieren, sei seinem Haus zu riskant, erzählt er enttäuscht. Notgedrungen begab er sich auf die Suche nach anderen Kapitalquellen.

Scheuber fiel in eine Finanzierungslücke, die typisch ist für die deutsche Wirtschaft. Ihre kleinen und mittelständischen Unternehmen haben Schwierigkeiten, sich mit Eigenkapital zu versorgen. Sie finanzieren sich zu einem großen Teil über Bankkredite, was in Zukunft aber eher schwieriger werden dürfte, da die geplante internationale Bankenrichtlinie „Basel II“ die Risikofreude der Kreditinstitute dämpfen wird. Die Kredite werden teurer.

Einen Ausweg jenseits der Börse bieten Beteiligungsgesellschaften, die das Geld vieler Anleger sammeln und in einen Strauß von Firmen investieren, oder der so genannte graue Kapitalmarkt: Hier investieren Privatleute direkt, indem sie Kredite geben oder Anteile erwerben. Das Spektrum dieser Anleger reicht vom Profi bis zum Laien. Auf der einen Seite stehen „Business Angels“, erfolgreiche Unternehmer, die das mit früheren Geschäften erworbene Kapital und Know-how in andere Firmen investieren wollen, auf der anderen „family, friends and fools“, wie es ein Mitarbeiter der Kreditanstalt für Wiederaufbau ausdrückt.

Die meisten dieser Kontakte entstehen im täglichen Leben. Inzwischen gibt es aber auch eine Reihe von Internet-Börsen, die Geschäftskontakte vermitteln. Scheuber zum Beispiel schaltete eine Anzeige bei www.beteiligungsmarkt-online.de, einem Angebot, das es nach Angaben der Betreiber seit vier Monaten gibt. Rund 100 Kapitalgesuche sind dort derzeit zu finden. Täglich komme eines hinzu, sagt Harald Schüller von der Betreibergesellschaft, der Düsseldorfer Asset-Finance & Lease GmbH.

Auf die Idee mit den Netzinseraten seien er und seine Kollegen gekommen, weil sie bei ihrer Arbeit im Bereich Finanzierungen festgestellt hätten, dass die Banken ihre Kreditvergabe „deutlich restriktiver“ handhabten als früher. „Existenzgründer haben heute kaum mehr die Möglichkeit, ihre Finanzierung über einen Bankkredit darzustellen“, sagt Schüller.

Auf der Seite finden sich Anzeigen wie „Suche Menschen mit Herz!“, der das Gründungskapital für einen Frühstücksservice bereitstellen soll, ebenso wie der Wunsch, Geldgeber für die Glasfaserverkabelung des Nahen Ostens oder die Übernahme einer existierenden Firma durch das Management zu finden.

In Hamburg gebe es keinen ernsthaften Markt für solche „Geschäfte übern Gartenzaun“, sagt Gerald Wogatzki von der Handelskammer. In der Regel ergäben sich solche Geschäfte durch private Kontakte, etwa im Sportverein. Mehrfach habe die Kammer versucht, gezielt Kontakte zu Business Angels herzustellen. Das Interesse sei aber mäßig gewesen.

„Der ganze graue Kapitalmarkt leidet darunter, dass die Seriosität schwer nachgewiesen werden kann“, sagt Wogatzki. Potenziellen Investoren empfiehlt er, sich sehr genau zu informieren: „Man sollte von dem Geschäft was verstehen.“ Schüller von Beteiligungsmarkt-Online empfiehlt, Rechtsanwalt und Steuerberater zum Termin mitzunehmen.

Für Privatanleger ergeben sich damit die gleichen Probleme wie für institutionelle: Ein Geschäft, insbesondere wenn der Partner nicht schon bekannt ist, lohnt sich wegen des Prüfaufwandes umso mehr, je größer die Investitionssumme ist. „Es ist leichter, 50.000 als 10.000 Euro zu kriegen“, bestätigt Jungunternehmer Scheuber.

Für ihn wäre ein Business Angel mit Know-how ideal gewesen. „Ich fand es schwer, jemanden zu finden, der mir mit Rat und Tat zur Seite steht“, erzählt er. Die Geldgeber, die sich gemeldet hätten, seien nie an seiner Geschäftsidee interessiert gewesen, sondern allein an der in Aussicht stehenden Rendite und an Sicherheiten.

Scheuber ist schließlich im Existenzgründerzentrum Enigma im Mexikoring gelandet. Hier gibt es ein Büro mit Internet-Adresse, Coaching und günstige kleine Kredite, die mit Sponsorengeldern abgesichert werden.

Internet-Investment-Börsen: www.proma-investment.com, www.impendo.de, www.4-deal.de