Alter Ärger im Innenressort

Schon vor Wochen machte der Innensenator Journalisten auf die nun von BILD diffamierte Familie aufmerksam – und schoss dabei auch gegen das Gesundheitsamt. Das besteht auf seiner Fachlichkeit

Die Familie ist Opfer einer Rufmordkampagne. Nachbarn nehmen sie in Schutz

Bremen taz ■ Die Berichterstattung der BILD-Zeitung gegen eine libanesische Familie in Habenhausen belastet jetzt offenbar das Verhältnis zwischen den Koalitionsfraktionen SPD und CDU. Während es zwischen den Ressorts Inneres und Gesundheit noch hinter den Kulissen knistert, liefern sich die Abgeordneten schon offizielle Kämpfe.

CDU-Fraktionschef Jörg Kastendiek wirft dem SPD-Innenpolitiker Hermann Kleen „unseriöse Polarisierung“ vor, nachdem dieser die CDU kritisiert hatte. Deren öffentliche Anfrage im Parlament zu den Hintergründen dieser Familie habe die tendenziöse Berichterstattung über „Bremens schlimmste Asylfamilie“ mit verursacht, so Kleen. Kastendiek erwiderte, die CDU habe nur „Sorgen und Nöte“ von Einwohnern in Habenhausen aufgreifen wollen. Auch arbeite die Presse eigenständig.

BILD hatte neben einem Foto vom Haus der Familie auch den Straßennamen veröffentlicht. Ein Name, der im Kreise christdemokratischer Innenpolitiker schon länger kursiert. Vor Wochen hatte ihn Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) vor Journalisten ausgesprochen – und damit die Familie kenntlich gemacht, deren drei erwachsene und berufstätige Söhne sich heute als Opfer einer Rufmordkampagne sehen.

Es sei ein Ärgernis für das Innenressort, dass bestimmte Familien nicht aus dem Land zu bekommen seien, so Röwekamp. Trotz Ausreisepflicht fänden sie immer Wege zu bleiben – entweder durch Eheschließung mit Deutschen oder durch ein Abschiebehindernis, indem das Gesundheitsamt ein entsprechendes Gutachten ausstelle. Schon erwäge er, solche Expertisen von einem Arzt im Polizeidienst erledigen zu lassen.

Dem Leiter des Bremer Gesundheitsamtes Jochen Zenker sind derlei Überlegungen offiziell nicht bekannt gemacht worden. Wohl aber hat er sich „über die falsche Darstellung“ der BILD-Zeitung gewundert, die schrieb, dass die Mutter von 14 Kindern „mit einem Trick“ ihre Abschiebung verhindert habe – „sie ließ sich vom Sozialmedizinischen Dienst des Gesundheitsamtes reiseunfähig schreiben.“ Dazu sagt Zenker: „Wir weisen jede Unterstellung zurück, dass im Amt die Fachlichkeit gebeugt würde.“ Vielmehr gebe es seit gut zwei Jahren mit dem Bremer Innenressort eine Vereinbarung, in solchen Fragen zusammenzuarbeiten. Im nun debattierten Fall habe es keine Nachfragen gegeben.

Unterdessen haben sich direkte Nachbarn, Vertreter der Kirche und der Ausländerbeauftragten sowie der Flüchtlingsinitiative im Haus der von der Diffamierungs-Kampagne betroffenen Familie versammelt. „Ich habe dabei Nachbarn kennen gelernt, die mit Namen und Gesicht für diese Familie einstehen wollen“, sagt Danja Schönhöfer von der Flüchtlingsinitiative. Diese hätten dem BILD-Bericht über Ratten und Müll im Garten der Familie klar widersprochen. Auch gebe es zwischen den libanesischen und deutschen Kindern offensichtlich Freundschaften. Was Klagen über ein mögliches Fehlverhalten der Kinder angehe, so gingen die Nachbarn gemeinsam jetzt der Frage nach, ob diese Beschwerden von kinderlosen Anwohnern stammen könnten. „Da scheint es einen Konflikt zu geben, der sich aber nicht auf die zugewanderten Kinder allein bezieht.“ Ziel der Gespräche sei es, Frieden in der Nachbarschaft zu stiften und die angegriffene Familie zu schützen. ede