Bank hat auf Stroh gebaut

Der Untersuchungsausschuss zur Bankgesellschaft belastet den ehemaligen IGB-Chef Manfred Schoeps schwer. Er soll ein Strohmannsystem erfunden haben, um Kreditrisiken zu verschleiern

von SUSANNE AMANN

Die Berliner Bankgesellschaft hat seit 1997 systematisch versucht, ihre Kreditrisiken künstlich zu verkleinern, um damit die Schwierigkeiten bei der Kapitaldeckung zu verringern. Das teilte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Bankgesellschaft, Frank Zimmermann (SPD), gestern nach einer Sitzung des Ausschusses mit. Die Aussage verschiedener Zeugen habe „einiges bestätigt, was wir aufgrund von Schriftstücken schon geahnt haben“. Verdachtsmomente seien zur Gewissheit geworden.

Nach den Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses soll der frühere Chef der Immobilientochter der Bankgesellschaft (IBG), Manfred Schoeps, 1997 „dezidiert vorgeschlagen“ haben, so genannte Komplementäre in den Fondsgeschäften der IBG auftreten zu lassen. Diese Beteiligung fremder Teilhaber sollte dazu dienen, die gesetzlich vorgeschriebene Kreditobergrenze zu umgehen. „Dieses Vorgehen war eindeutig von dem Ziel bestimmt, über das eigentliche Kreditrisiko hinwegzutäuschen“, so Zimmermann.

Denn die Komplementäre, deren Kapital im Normalfall das Kreditrisiko absichern soll, wurden in aller Regel von ihrer Haftung freigestellt – womit das Kreditrisiko für die eigenen Kredite der Bank quasi rückübertragen wurde. Dieses Vorgehen sei etwa so sinnvoll gewesen, wie „wenn man einen Schlauch vom Auspuff in die Fahrgastzelle leitet“, so das deutliche Urteil von Zimmermann. Diese Freistellungen spielten sich zum Schluss in einer Größenordnung von rund 7,5 Milliarden Euro ab, was die Bankgesellschaft letztlich an den Rand der Kapitaluntergrenze brachte. „Das war eine riesige Geldvernichtungsmaschine, mit der öffentliches zu privatem Vermögen umgewandelt wurde“, so die einhellige Meinung des Untersuchungsausschusses.

Dass den beteiligten Komplementären, die nach Erkenntnissen des Ausschusses in der Regel von Schoeps persönlich angeworben wurden, ihre „Strohmannrolle“ bewusst war, haben die Aussagen verschiedener Zeugen belegt. In den Erklärungen wurde auch deutlich, dass sie ohne die Freistellungen – also ohne die Abnahme des Haftungsrisikos – niemals Komplementäre geworden wären.

Der frühere IGB-Chef Schoepf nannte die Vorwürfe „Unsinn“ und machte die Bankvorstände für das Vorgehen verantwortlich. Diese hätten ihm das Modell vorgeschlagen, nicht er selbst sei der Erfinder. Eine Argumentation, die bei dem grünen Ausschussmitglied Barbara Oesterheld nur ein müdes Lächeln hervorruft. „Dass sich jetzt der eine mit dem anderen rausredet, kann nicht angehen“, sagte sie der taz. Intern gebe es Belege, die auf Schoeps als Verantwortlichen hindeuten. „Wenn Schoeps behauptet, nicht verantwortlich zu sein, dann soll er das belegen.“

Was Zimmermann jetzt als „entscheidenden Ansatzpunkt“ bezeichnet, ist für Oesterheld auch ein Grund, weitere zivilrechtliche Konsequenzen einzufordern. „Ich erwarte, dass die Bankgesellschaft weiterhin versucht, von den Verantwortlichen Schadenersatz zu bekommen.“

Erst vor wenigen Wochen waren Schadenersatzklagen der Bankgesellschaft gegen ehemalige Manager – darunter Manfred Schoeps sowie der frühere CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus-Rüdiger Landowsky – in zwei Verfahren vom Berliner Landgericht abgewiesen worden.

„Die Bankgesellschaft muss sich sehr genau überlegen, ob und wie sie in Berufung gehen will“, sagte Oesterheld. Sie hält die Belege, die sich bisher in den Akten gefunden haben, allerdings für ausreichend, um einen Prozess etwa gegen Schoeps erfolgreich zu führen – unter der Voraussetzung, dass er „sauber vorbereitet“ werde.