Rüttgers will ein Sieger werden

Auf einer ersten Regionalkonferenz debattiert die CDU heute über „Wachstum und Beschäftigung“. Die Christdemokraten feiern Hartz-Nachbesserungen – und schweigen zum Kündigungsschutz

VON ANDREAS WYPUTTA

Vor dem Hintergrund sinkender Umfragewerte setzen Nord–rhein-Westfalens Christdemokraten auf Einigkeit. Mehr Show als Diskussionen wird deshalb auch die heute in Hamm stattfindende Regionalkonferenz der Partei bieten, zu der CDU-Bundesparteichefin Angela Merkel, Generalsekretär Laurenz Meyer und NRW-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers ins Westfälische reisen. Zwar verbirgt der Leitantrag zum Düsseldorfer Parteitag im Dezember unter dem Titel „Wachstum – Arbeit – Wohlstand“ Zündstoff: Gefordert wird nichts weniger als die Aufhebung jedes Kündigungsschutzes in den ersten drei Jahren eines Beschäftigungsverhältnisses. Doch der Streit wird ausfallen. Stattdessen will Rüttgers kleinste Nachbesserungs-Forderungen bei den Hartz-Gesetzen als Erfolg verkaufen.

Rüttgers sommerlicher Vorstoß nach einer „Generalrevision“ der Hartz-Gesetze habe „sich doch gelohnt“, sagt ein Vertrauter des CDU-Fraktionschefs im Düsseldorfer Landtag – der Bundesvorstand seiner Partei hatte am Montag beschlossen, die Länge der Auszahlung des Arbeitslosengelds I, das sich an der Höhe des letzten Gehalts orientiert, an die Länge der Beitragszahlungen zu koppeln. Regulär soll es zwar bei einem Bezug von 12 Monaten bleiben. Danach folgt der Absturz auf Sozialhilfeniveau. Wurde aber länger als 15 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt, soll im Gegensatz zum Beschluss der rot-grünen Koalition auf Bundesebene 15 Monate, bei 40 Versicherungsjahren 24 Monate Arbeitslosengeld I fließen. „Das sind alles Vorschläge, die Hartz gerechter und menschlicher machen“, jubelt Rüttgers‘ Umgebung bereits. Dafür soll neben den Einschnitten beim Kündigungsschutz das Teilzeitgesetz nicht mehr für Arbeitnehmer gelten, die älter als 53 sind. Einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit sollen nur noch Menschen besitzen, die Kinder erziehen oder Angehörige pflegen.

Trotz des Richtungswechsels hin zum neoliberalen Kurs der Parteivorsitzenden Angela Merkel regt sich auch im Arbeitnehmerflügel der nordrhein-westfälischen CDU keinerlei Widerstand. Dabei warnt etwa der Deutsche Gewerkschaftsbund vor einem „Frontalangriff auf Arbeitnehmerrechte“ – die CDU verabschiede sich mit ihrem Leitantrag „von der sozialen Marktwirtschaft“. Doch der aus Köln stammende Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, Hermann-Josef Arentz, ist seit Wochen abgetaucht. Und Rudolf Henke, Sozialexperte der CDU-Landtagsfraktion, kritisiert die Aufweichung des Kündigungsschutzes nur leise: „Ob das einen großen Schritt bedeutet, ist eine Geschmacksfrage“ – Henke glaubt angesichts der bereits bestehenden Möglichkeiten etwa durch befristete Verträge nicht an die Schaffung neuer Jobs. Dennoch lobt auch er, der Antrag trage „zur Schaffung neuer Arbeitsplätze“ bei.

Erst recht zufrieden ist CDU-Wirtschaftsexperte Christian Weisbrich: Rüttgers‘ Forderung nach einer Hartz-„Generalrevision“ sei gar nicht ernst gemeint gewesen, sagt er: „Das Wording war falsch. Aber das hat Jürgen Rüttgers sofort bemerkt.“