Sie sollen bleiben, wo sie sind

Schleswig-Holsteins FDP geht mit der Forderung in den Wahlkampf, dass Hauptschüler besser gefördert werden sollen. Gesamtschulen seien keine Lösung, so die Liberalen

Kiel taz ■ „Unterlassene Hilfeleistung zum Nachteil der Hauptschüler“ wirft der freidemokratische Bildungspolitiker Ekkehard Klug der rot-grünen Landesregierung in Schleswig-Holstein vor. Im Fall eines schwarz-gelben Siegs bei der Landtagswahl im Februar kommenden Jahres werde den Kindern geholfen, kündigte Klug schon einmal an: Sie sollen zwar bleiben, wo sie sind – aber besser gefördert werden.

Während Rot-Grün auf gemeinsamen Unterricht bis zum zehnten beziehungsweise neunten Schuljahr setzt, will die FDP, so wie die CDU, das dreigliedrige System beibehalten: „Ich sehe im Integrationsmodell keine Vorteile.“ Klug malte bei der gestrigen Vorstellung seiner Thesen in Kiel ein schauriges Bild von der Hauptschule: „Jeder siebte Schüler braucht sonderpädagogischen Bedarf; ein Drittel stammt aus Haushalten, in denen sich nicht zwei Erwachsene die Erziehung teilen; es gibt Klassen mit Schülern aus bis zu zehn Ländern“ – kurz: ein Pfui-Klientel.

Aus eben diesem Grund fordern andere BildungsexpertInnen die Gesamtschule, in der die soziale Herkunft keine so große Rolle mehr spielen soll. Klug wollte das allerdings nicht gelten lassen: „Diese Schüler verschwinden nicht, wenn man sie in eine andere Schulart steckt.“ Nur nachmittags dürfen „diese Schüler“, wenn es nach der FDP geht, ihre AltersgenossInnen aus Realschule und Gymnasium treffen – bei „übergreifenden Ganztagsangeboten“.

Anders als die CDU will die FDP nachmittags keinen Unterricht anbieten, stattdessen gerade „diesen Schüler“ Einblicke ins Berufsleben verschaffen. Um das System durchlässiger zu gestalten, sollen bessere HauptschülerInnen in einem „M-Zug“ weiter in Richtung mittlere Reife fahren – das heißt, dass sogar innerhalb der Hauptschulklassen geteilt werden soll.

Die Frage, ob Klug mit diesem Konzept auf die Bedürfnisse des klassischen FDP-Klientels reagiere, das seine Kinder lieber in ein sauberes Gymnasium statt in eine Gesamtschule schicke, wies er zurück: Die Hauptschule solle gestärkt werden. Seit Jahren fordere die FDP mehr LehrerInnenstellen in diesem Bereich: „Leider kamen die Anträge nie durch.“

Der Hauptvorwurf des Liberalen an die Landesregierung: Dass von 200 zusätzlichen Stellen im Jahr 2004 keine einzige an die 240 Hauptschulen des Landes gehe. Das solle sich unter Schwarz-Gelb ändern. Vor allem zusätzliche SonderpädagogInnen will Klug auf „diese Schüler“ loslassen. Bezahlt werden solle das Ganze durch „Umschichtungen aus dem Haushalt“, nicht etwa durch Transfers aus den finanziell besser ausgestatteten Gymnasien.

Erreichen will Klug, dass „die Hauptschule keine Sackgasse“ mehr ist – „diese Schüler“ werden das mit Freuden hören.Esther Geißlinger