Bürgermeisters Standort-ABC

Airbus-Chef Forgeard stellt Hamburg Ultimatum: Bis Ende Oktober Planungssicherheit für Werkserweiterung in Finkenwerder, sonst droht Abwanderung. Senat prüft Alternativen und erhöht Druck auf widerspenstige Grundeigentümer in Neuenfelde

von sven-michael veit

Zuversichtlich sei er, versicherte Bürgermeister Ole von Beust gestern im südfranzösischen Toulouse, „dass sich Hamburg nicht blamiert in der Welt“. Um die abermalige Verlängerung der Airbus-Werkspiste in Finkenwerder zu ermöglichen, setze er auf „eine vernünftige Lösung“ mit den Grundeigentümern im Obstbauerndorf Neuenfelde, die ihre Grundstücke nicht verkaufen wollen. Denn wenn keine Einigung zu erzielen ist, ist der Bau des Riesenairbus A380 in Hamburg gefährdet.

Das hat Airbus-Chef Noël Forgeard dem Bürgermeister unmissverständlich klar gemacht. „Man zählt bei Airbus auf Hamburg“, lautete die offizielle Formulierung nach einem Spitzengespräch der beiden in der Konzernzentrale. Im Klartext bedeutet das, der größte europäische Flugzeughersteller erwartet von seinem „verlässlichen Partner Hamburg“ ultimativ noch „in diesem Monat Gewissheit“, dass die Probleme – und damit die widerspenstigen AnwohnerInnen – aus der Welt zu räumen sind.

Anfang November, so wurde vereinbart, wolle man sich erneut zu einem Gespräch auf höchster Ebene treffen. Denn Mitte kommenden Monats will der Aufsichtsrat des Konzerns die nächste Investitionsentscheidung treffen.

Die Errichtung eines Auslieferungszentrums für das weltgrößte Passagierflugzeug könnte, das hatte Airbus jüngst bereits angedeutet, statt nach Hamburg ins Konkurrenzwerk Toulouse vergeben werden, wenn die unsichere Rechtslage fortbestehe. Damit würde Finkenwerder einen erheblichen Teil des Auftragsvolumens und etliche Hundert Arbeitsplätze einbüßen.

Und zudem an Renommée. Deshalb will der Bürgermeister eine Entscheidung, so versicherte er Forgeard, „die gut ist für Hamburg und den Industriestandort Deutschland“. Er sei sich der kurzen „Zeitschiene“ bewusst, versicherte von Beust, und falls es mit dem Ankauf der benötigten 40 Hektar doch nicht klappen sollte, habe er „noch einen Plan B und einen Plan C“ in der Hinterhand. Wie diese aussehen, wollte er allerdings nicht verraten.

Vor seinem zweitägigen Besuch in Toulouse hatte der Bürgermeister von „anderen rechtlichen Möglichkeiten“ geraunt, die dem Senat zu Gebote stünden. Die Betroffenen, die im August einen gerichtlichen Baustopp eingeklagt hatten, halten dies jedoch für „das Pfeifen im Walde“ (siehe Bericht unten). Die zweite Alternative ist eine andere Linienführung der Landebahn, an der bereits fieberhaft geplant wird.

Danach könnte eine vollkommen neue Werkspiste in der von Airbus gewünschten Länge (siehe Kasten) von der Rüschhalbinsel ins Mühlenberger Loch gebaut werden, ohne die Grundstücke der Kläger direkt zu tangieren. Sie wäre um etwa zwölf Grad von Nordost nach Südwest „verschwenkt“. Die „Vorprüfung“ dieser Planung werde Ende Oktober abgeschlossen sein, erklärte Hartmut Wegener gestern auf Anfrage der taz.

Der Geschäftsführer der Realisierungsgesellschaft Finkenwerder (ReGe), die im Auftrag der Wirtschaftsbehörde die Werkserweiterung umsetzen soll, lässt die technischen, finanziellen, zeitlichen und planrechtlichen Probleme dieser Variante derzeit untersuchen. Dafür müssten weitere rund 15 Hektar der nach mehreren Umweltrichtlinien geschützten Elbbucht Mühlenberger Loch zugeschüttet werden. In gut drei Wochen, so Wegener, „werden wir wissen, ob die Verschwenkung überhaupt Sinn macht“.

Wenn nicht, wird des Bürgermeisters Standortpolitik wohl wieder auf Plan A zurückgreifen müssen. Er hoffe sehr, bekräftigte von Beust deshalb, dass die Betroffenen in Neuenfelde sich doch noch „für einen Verkauf entscheiden“ werden. Für die sei es ja psychologisch auch nicht einfach, „im Blickpunkt von ganz Hamburg und ganz Deutschland zu stehen“.