DER KLAU JÜDISCHER BETRIEBE

Die Literatur zur mörderischen NS-Judenpolitik füllt Bibliotheken – alles, scheint es, ist aufgearbeitet. Umso mehr überrascht, dass ein riesiger Komplex der NS-Geschichte Berlins bis heute kaum erforscht ist, wohl aus gutem Grund: die „Arisierung“ jüdischer Betriebe in der Hauptstadt, was meist nichts anderes als der Klau dieser Unternehmen durch nichtjüdische Profiteure bedeutete.

Dieses Manko will das Netzwerk Unternehmensgeschichte, zu dem auch die Humboldt-Universität gehört, überwinden mit einer Tagung zum Thema „ ‚Arisierung‘ von Unternehmen in Berlin“ im Clubraum, Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (Fasanenstraße 85, 10623 Berlin). „Ziel dieser Tagung ist es“, so heißt es in der Ankündigung, „anhand von Fallstudien einen ersten Überblick über das Ausmaß und den Verlauf der ‚Arisierung‘ von Unternehmen in Berlin zu gewinnen.“ Es soll auch um die Wiedergutmachungspraxis nach 1945 und 1990 gehen.

Forschung ist dringend nötig. Einer der Organisatoren, der Tagung, Christof Biggeleben von der HU, verweist etwa darauf, dass in Berlin immer noch 16.000 Anträge auf die Rückgabe von Betriebsvermögen anhängig sind. Von heute bis Freitagabend werden viele einzelne Firmengeschichten nachgezeichnet, teilweise von Unternehmen, die es bis heute gibt: etwa der Dresdner Bank, der AEG, der Loewe AG – und Wertheim, klar, fehlt ebenso wenig. Für aktuellen Sprengstoff dürfte also gesorgt sein. GES