Die Welt aus den Fugen, am Pool

Menschen vertreiben sich die Zeit am Pool. Doch die Sonne scheint nicht, das Wasser ist brackig, und als ein Rotweinglas zu Bruch geht, dauert es nicht lange, bis die Scherben das Dekolleté von Mecha (Graciela Borges) versehren. In „La Ciénaga“, dem ersten Spielfilm der argentinischen Regisseurin Lucrecia Martel, ist die Welt aus den Fugen. Es gibt ein Hündchen mit doppelten Zahnreihen, ein quer zu den Verwandtschaftsbeziehungen verlaufendes Begehren und von Hitze und Wein gelähmte Körper.

Martels Film ist ein herausragendes Beispiel für das nuevo cine argentino, das neue argentinische Kino, das durch seinen entschlackten, neugierigen Blick auf die Gegenwart besticht. Er lief auf der Berlinale 2001 und erhielt den Alfred-Bauer-Preis für das beste Debüt. Im Sommer 2002 fand er den Weg in die hiesigen Kinos und wurde oft als Metapher für die fundamentale Krise betrachtet, die im Dezember 2001 in Argentinien offenbar wurde.

Die Regisseurin selbst hält nicht allzu viel von dieser Lesart. „Es gibt eine Tendenz besonders dem lateinamerikanischen Kino gegenüber, alles als Metapher zu begreifen. Aber dieser Film ist keine Metapher, er geht auf meine Erfahrungen zurück“, sagte sie im taz-Interview. „Warum sollte ich die Dinge über den Umweg, über die Verdrehung erzählen, wenn ich sie direkt äußern kann?“

„La Ciénaga“ ist – zusammen mit den Dokumentarfilmen „Rey muerto“ („Toter König“) und „Las Dependencias“ („Die Abhängigkeiten“) von Lucrecia Martel – am morgigen Freitag im Rahmen des Metropolenprojekts Buenos Aires – Berlin um 19.30 Uhr im HAU 1 in der Stresemannstraße 29 zu sehen. CRISTINA NORD