Ein Anreiz für billigere Strompreise

Grüne wie SPD fordern stärkere Anreize für Stromkonzerne, die Netzgebühren zu senken. Ob dies vorab oder im Nachhinein kontrolliert werde, sei weniger entscheidend

„So könnte ein Ferrari als Dienstwagen auf die Netzentgelte umgelegt werden“

BERLIN taz ■ Nach dem Bundesrat fordern nun auch die Grünen konkrete Verbesserungen an Wolfgang Clements Entwurf für das Energiewirtschaftsgesetz. Zwei Wochen vor der Einbringung des Gesetzes in den Bundestag präsentierte die energiepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Michaele Hustedt, gestern eine Liste von zehn „Änderungsvorschlägen“. Dazu gehören „wirkungsvolle Anreize“, um die Gebühren für den Stromtransport über die Stromnetze günstiger zu machen, mehr Kostentransparenz und eine bessere Kennzeichnung der Stromzusammensetzung.

Dabei sei der zuletzt hochgekochte Streit um eine Vorabregulierung (Ex-ante), wie sie der Bundesrat und eigentlich auch die Grünen fordern, oder eine Regulierung der Netznutzungsentgelte im Nachhinein (Ex-post), wie es der Bundeswirtschaftsminister Clement (SPD) vorsieht, nicht das Entscheidende. „Diese Debatte wird etwas überschätzt.“ Wichtig sei, dass die Netzbesitzer einen Anreiz erhielten, die Gebühren für das Durchleiten fremden Stroms durch ihre Netze zu senken. Das forderte auch der Bundesrat.

Hustedt plädiert für eine Regel, in der alle Firmen am effizientesten Unternehmer gemessen werden. Wer stark über den Durchschnitt liege, dürfe seine Kosten nicht voll auf den Kunden abwälzen, wer viel günstiger ist, einen Teil seiner Gewinne behalten. Dadurch entstehe ein Anreiz, die Gebühren zu senken. In so einem Verfahren würden die erlaubten Netzgebühren für drei oder fünf Jahre festgelegt – und dann ein neuer Durchschnitt gebildet, der folglich niedriger wäre. Ein ähnliches Verfahren wird in Großbritannien praktiziert.

Für die Kostenkalkulationen der Netzbesitzer, die Grundlage für die Netzgebühren sind, müssten schärfere Auflagen gelten als bisher, so Hustedt. Das bisherige Prinzip der „Nettosubstanzerhaltung“ sei fragwürdig. „Im Extremfall könnte so ein Ferrari als Dienstwagen auf die Netzentgelte umgelegt werden.“

Ähnlich äußerte sich gestern der SPD-Fraktionsvize Michael Müller gegenüber der taz. „Ex-post oder ex-ante ist nicht die entscheidende Frage. Entscheidend sind die Instrumente, die man für die Regulierung schafft.“ Müller möchte verhindern, dass sich die Netzbesitzer dank überhöhter Netzgebühren „allzu hohe Rücklagen“ bilden können – und dadurch einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Wie das zu erreichen sei, da sei er „ganz offen“. Die Regierungsfraktionen haben eine Arbeitsgruppe zur Überarbeitung von Clements Novelle vereinbart.

Für Müller ist die Kostentransparenz die zweite wichtige Frage. Die „Grauzone beim Strompreis“ müsse verschwinden. Einige Stromkonzerne begründen Preiserhöhungen immer wieder mit hohen Mehrkosten durch Windräder, was die rot-grüne Koalition regelmäßig dementiert.

Einig sind sich Müller und Hustedt auch in der Ablehnung der Forderung des Bundesrats, die Länder stärker an der Regulierung zu beteiligen. Vor zwei Wochen hatte Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) das im Bundesrat „mit Nachdruck“ gefordert. Dagegen ist allerdings auch der designierte Chef-Regulierer der Stromnetze, Matthias Kurth: Die Länder ins Boot zu holen, verringere Effizienz wie Transparenz.

Netzgebühren machen ein Drittel des Strompreises aus. Und „bis zum Dreifachen wird von einzelnen Netzbetreibern mehr verlangt“, sagt Kurth. Die Verbraucherzentralen rechnen mit jährlich 300 Euro Ersparnis für einen Durchschnittshaushalt, würden die Märkte für Gas und Strom so konsequent reguliert wie in Großbritannien.

MATTHIAS URBACH