Vom Bibelkreis in den Strafraum

Seit ihrem vierten Lebensjahr spielt Shelley Thompson Fußball. In der Bundesliga hat die Duisburger Nationalspielerin bereits elf Tore erzielt. Und Thompson hat große Ziele: „Ich will große Titel feiern“

„In den USA hatte ich nicht mal Zeit zum richtig Fußball spielen“

AUS DUISBURGROLAND LEROI

Shelley Thompson ist eine zierliche Frau. Obwohl die 1,66 Meter große, schmal gebaute Stürmerin auf den ersten Blick wie eine fleischgewordene Barbie-Puppe wirkt, hält sie das nicht davon ab, sich gegen stämmigere Verteidigerinnen durchzusetzen. Als Angreiferin beim Frauen-Fußball-Bundesligisten FCR Duisburg hat Thompson in den ersten drei Saisonpartien insgesamt elf Tore erzielt. Selbst in der höchsten Damen-Spielklasse, in der Kantersiege bisweilen keine Seltenheit sind, ist das eine Rekordmarke. „Momentan läuft es wirklich gut“, sagt die 20-Jährige, die sich mit dieser Quote natürlich ganz oben an die Spitze der Torjägerinnenliste gesetzt hat.

Während Thompson alle Kritiker, die immer meinten, dass „die Shelley vor der Hütte Nerven zeigt“, widerlegen konnte, zeigt sich ihr Trainer Jürgen Krust wenig überrascht. „Was Shelley drauf hat, wusste ich aufgrund ihrer enormen Schnelligkeit immer. Früher war sie vielleicht in ihrer Chancenverwertung nicht so konsequent, mit der Zeit ist sie aber cooler geworden“, sagt Krust, der allerdings zu gibt, dass elf Tore in drei Partien selbst seine Erwartungen gesprengt hätten. Spielt Thompson weiter so stark, kann Duisburg vielleicht sogar den beiden Großen der Zunft, dem 1. FFC Frankfurt und Titelverteidiger Turbine Potsdam, Paroli bieten. Bei derlei Gedanken reagiert der Coach skeptisch. „Wir würden uns aber nicht wehren“, meint Krust moderat.

Thompson träumt in die gleiche Richtung. „Ich war schon immer leistungsorientiert und will noch große Titel feiern“, sagt die Studentin, die bereits seit ihrem vierten Lebensjahr Fußball spielt. Zunächst beim heimischen FC Monheim, im Alter von 15 Jahren wechselte sie zur SG Essen-Schönebeck. „Damals habe ich täglich 90 Minuten Fahrzeit auf mich genommen, das war ein großer Aufwand“, erinnert sich Thompson, die sich freute, „als vor drei Jahren plötzlich Jürgen Krust vor der Tür stand und mich nach Duisburg holte.“ Die in Deutschland geborene Tochter eines Südafrikaners fasste sofort in der Bundesliga Fuß.

Mittlerweile hat sie es sogar wieder bis ins Nationalteam geschafft. Am 25. September feierte Shelley, die 15 Monate zuvor das letzte Mal Berücksichtigung fand, im EM-Qualifikationsmatch gegen Tschechien ihr Comeback im A-Kader. Wie selbstverständlich konnte sie zum 5:0-Erfolg einen Treffer beisteuern. Als die deutschen Frauen vor einem Jahr Weltmeister wurden und kürzlich in Athen Olympia-Bronze gewinnen konnten, verfolgte sie das nur vor dem Fernseher. „Da möchte ich aber auch hin“, sagt Thompson zielsicher.

Vielleicht wäre sie in Athen sogar dabei gewesen, doch ein einjähriger Studien-Aufenthalt in der USA verhinderte eine Berufung. „In den USA hatte ich nicht mal Zeit zum richtig Fußball spielen“, findet es Thompson umso unglaublicher, dass sie direkt den Anschluss geschafft hat. Als klar war, dass sie ihr Studium in Deutschland fortsetzen wird, setzte Krust alle Hebel in Bewegung, damit sie wieder für den FCR auflaufen kann. Mittlerweile ist sie in Düsseldorf für Kultur- und Medienwissenschaften eingeschrieben. „Das kann ich ideal mit dem Fußball in Duisburg verbinden“, sagt Thompson. Außerhalb des Rasens ist sie eher eine Leisetreterin. Sie nimmt regelmäßig an Bibelkreisen teil. „Der Glaube ist mir sehr wichtig“, sagt sie. An den sportlichen Erfolg glaubt sie ohnehin. Vielleicht ist ja sogar die Torschützen-Krone drin.