Ladenschluss, unentschlossen

Nordrhein-Westfalens Wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau (SPD) will sich noch nicht festlegen, lehnt aber eine völlige Liberalisierung ab. CDU und FDP fordern Freigabe der Öffnungszeit

VON ANDREAS WYPUTTA

Harald Schartau gab sich betont zurückhaltend: In der gestrigen Landtagsdebatte ließ Nordrhein-Westfalens SPD-Minister für Wirtschaft und Arbeit offen, welche genauen Regelungen die Landesregierung beim Ladenschluss anstrebt. Nötig seien auf regionale Besonderheiten zugeschnittene Lösungen, so Schartau. Diese müssten zusammen von Handel, Beschäftigten, Konsumenten und Stadtplanern erarbeitet werden, so Schartau kryptisch.

Eine völlige Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten lehnt Schartau, der auch Vorsitzender der nordrhein-westfälischen SPD ist, aber klar ab. Es könne „durchaus sein, dass jemand aus Münster, der sich nachts um halb drei einen Anzug kaufen will, nach Osnabrück fahren muss“, betonte der NRW-Wirtschaftsminister – zusammen mit neuen weiteren Ländern hat sich Niedersachsen für eine völlige Freigabe der Öffnungszeiten ausgesprochen. Für Schartau der falsche Weg: „Es bringt nichts für die Belebung der Innenstädte, wenn die Schuhverkäuferin bis nachts um elf die Schuhe bewacht“, ist sich der Ex-Gewerkschafter sicher.

Den genau entgegengesetzten Ansatz vertritt nicht nur die FDP, deren Antrag „Schluss mit Ladenschluss – mehr Flexibilität für Wirtschaft und Verbraucher“ das Thema auf die Landtagsagenda gebracht hatte. Zum wiederholten Mal plädierte Gerhard Papke, wirtschaftspolitischer Sprecher der Liberalen, für eine völlige Freigabe der Ladenöffnungszeiten von Montag bis Samstag: Geht es nach der Opposition aus CDU und FDP, sollen nur noch die Managementetagen von Groß- und Einzelhandel entscheiden, wie lang die Geschäfte künftig geöffnet bleiben, die Beschäftigten blieben mit ihren Gewerkschaften außen vor. Die völlige Freigabe sei nicht nur ein Beitrag gegen die zunehmende Verödung der Innenstädte, meint der Liberale. „Da muss man sich doch nur anschauen, was abends und nachts an den Tankstellen und Bahnhofsshops los ist.“ Gerade Schartau müsse endlich die „veränderten Lebensgewohnheiten“ der Bevölkerungsmehrheit zur Kenntnis nehmen, findet Papke – und bekam prompt Unterstützung von der CDU-Abgeordneten Andrea Milz.

Sehr zur Verwunderung des grünen Wirtschaftsexperten Rüdiger Sagel: Gerade die christliche Volkspartei CDU vernachlässige auf ihrem „Feldzug gegen den Ladenschluss“ die Sorge um Familien, die durch völlig flexibilisierte Arbeitszeiten auseinander gerissen würden, so Sagel – und den Mittelstand: „Ihre Vorschläge begünstigen doch nur Konzerne. Kleine und mittelständische Unternehmen können sich noch längere Öffnungszeiten schon jetzt nicht leisten.“