Racheakt in Pakistan

Ein Anschlag auf sunnitische Muslime fordert 39 Tote. Die Täter sind vermutlich radikale Schiiten

DELHI taz ■ In der pakistanischen Stadt Multan sind gestern im Morgengrauen kurz hintereinander zwei Bomben explodiert. Dabei kamen mindestens 39 Menschen ums Leben. Sie gehörten zu rund 3.000 sunnitischen Muslimen, die sich während der ganzen Nacht auf einem öffentlichen Platz zu einer Gedenkfeier versammelt hatten. Der Anlass war der erste Jahrestag des Tods von Maulana Azam Tariq, dem Führer der Organisation Sipah e-Sahaba.

Nach den Bombenexplosionen kam es, wie eine knappe Woche zuvor bei einem Anschlag auf eine schiitische Moschee in Sialkot, zu Demonstrationen vor den Krankenhäusern der Stadt. Gestern riefen die Protestierenden: „Schiiten sind Ungläubige.“

Der Hintergrund des mitternächtlichen Treffens und die Proteste legen den Verdacht nahe, dass der Anschlag ein Racheakt schiitischer Gruppen auf das Massaker in Sialkot war, dem 31 Menschen zum Opfer fielen. Die Sipah e-Sahaba („Wächter der Freunde des Propheten“) ist eine Organisation, die sich seit ihrer Gründung in den 80er-Jahren als militant antischiitisch versteht. Ihr werden zahlreiche Anschläge auf schiitische Institutionen vorgeworfen. Schiitische Schutzgruppen wiederum rächten solche Attentate jeweils mit gleicher Grausamkeit. Insgesamt wird die Zahl dieser Fememorde auf über 4.000 geschätzt, 150 allein in den letzten zwölf Monaten. Dazu wird auch der Anschlag auf die Moschee in Sialkot gezählt. Dazu gehört aber auch der Mord an Azam Tariq, dessen die Versammelten in Multan gedachten. Er wird, genauso wie das jüngste Massaker in Multan, den Schiiten zur Last gelegt. Diese stellen zwar nur rund 15 Prozent der Bevölkerung, doch die Unterstützung durch Iran bringt ihnen nicht nur Geld für Moscheen, sondern auch für Waffen. BERNARD IMHASLY

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