Alles im grünen Bereich

Die GAL arbeitet geräuschlos auf ihr Ziel hin, in Hamburg wieder zu regieren. Führungsduo Hajduk und Kerstan stellt sich auf Parteitag am Samstag zur Wiederwahl. Skepsis gegenüber SPD-Spitzenkandidat Mirow, kein Zugzwang für grüne Nr. 1

von SVEN-MICHAEL VEIT

Hamburgs Grüne strotzen vor Selbstbewusstsein. „Programmatisch und personell sind wir richtig gut drauf“, verkündet der stellvertretende Parteichef und Bürgerschaftsabgeordnete Jens Kerstan. Auf der Mitgliederversammlung der GAL am kommenden Samstag werde „unsere erfolgreiche Arbeit“ so richtig deutlich werden. Denn die Grünen seien „die einzig wirkliche Opposition zu Schwarz-Schill in Hamburg“, so sein Seitenhieb auf die SPD.

Eine „unscharfe Abgrenzung zum Rechts-Senat“ attestiert Kerstan dem potenziellen Koalitionspartner. Vor allem in der Innenpolitik versuche die SPD, Schwarz-Schill „rechts zu überholen“. Wenn der Senat vermeintliche Erfolge der Ordnungsdienste im Kampf für Sicherheit und Sauberkeit für sich reklamiere, sage die SPD, das sei noch zu wenig: „Populistisch“, nennt das Kerstan. Auch in der Wirtschafts- und Standortpolitik sieht er „Kontinuitäten“ zwischen dem ehemaligen SPD-Wirtschaftssenator Thomas Mirow und seinem CDU-Nachfolger Gunnar Uldall. Lediglich „klarer und seriöser“ sei Mirow gewesen.

Dessen Nominierung zum Spitzenkandidaten der Sozialdemokraten sehen viele Grüne denn auch mit gemischten Gefühlen. Es sei „richtig für die SPD, diese Frage jetzt zu klären“, sagt etwa Parteichefin Anja Hajduk. Für wen sie sich entschieden habe, sei „aber ihre Sache“. So sieht das auch die Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Christa Goetsch: „Der Senat ist schwach und instabil. Da muss eine Partei, die den nächsten Bürgermeister stellen möchte, eine personelle Alternative bieten.“ Dass diese nun Mirow heiße, will auch Goetsch „nicht kommentieren“. Das sei eine „innere Angelegenheit“ eines politischen Konkurrenten. Lediglich Kerstan formuliert hier strategisch Klartext: Das Votum für Mirow bedeute, „dass die SPD sich die Option auf eine Große Koalition mit der CDU offen hält“.

Mit der Klärung der Kandidatenfrage bei den Roten beginnt notgedrungen auch für die Grünen der Vorwahlkampf. Für den Startschuss ist am Samstag Goetsch zuständig. In einer „politischen Grundsatzrede“ zum Auftakt des Parteitages wird die Fraktionschefin mit der „erbärmlichen“ Halbzeitbilanz des Rechts-Senats abrechnen und grüne Schwerpunkte für die Zeit bis zur nächsten Bürgerschaftswahl benennen. Einen davon will die GAL in einer Debatte über das Thema „Mobilität“ sogleich präzisieren (siehe Kasten).

Und schließlich werden die Grünen ihrer Parteiführung erneut das Vertrauen aussprechen. An der Wiederwahl der Vorsitzenden Anja Hajduk und ihres Vizes Kerstan zweifelt niemand, Gegenkandidaturen sind nicht in Sicht. Geräuschlos führen die Bundestagsabgeordnete und ihr Vize vor Ort seit eineinhalb Jahren die Partei, in der niemand sich die altgewohnten Flügelkämpfe zurücksehnt. Mit dem Ergebnis, dass die GAL sich nicht mehr großenteils mit sich selbst beschäftigt.

Die Podiumsdiskussion „Das Kopftuch – Religionsfreiheit und Grundrechte“ mit VertreterInnen islamischer Gemeinden und des Bündnisses türkischer Einwanderer am vergangenen Freitagabend nennt Goetsch dafür als ein Beispiel: „Wir führen den Dialog mit den Leuten, über deren Köpfe hinweg Rechtspopulisten unsägliche Entscheidungen treffen.“

Und eine nicht unwichtige interne Entscheidung wollen die Grünen sich nicht „vor der Zeit“ aufzwingen lassen, wie Hajduk und Goetsch übereinstimmend klarstellen: Die der Spitzenkandidatur. Vor nächsten Herbst stehe das nicht auf der Tagesordnung. Sicher ist, dass es eine Spitzenkandidatin werden wird. Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kam sie in diesem Text zu Wort.