Völlig ungelöst urlauben

Airbus: Kanzler Schröder soll die Position der Betroffenen in Neuenfelde stärken, fordern deren Anwälte. Rechtswidrige Planungen könnten nicht im Allgemeinwohl sein. Bürgermeister lässt andere nach Lösung suchen

Bundeskanzler Gerhard Schröder solle sich öffentlich hinter die Neuenfelder AnwohnerInnen stellen, die ihre Grundstücke nicht für die Erweiterung des Airbus-Werkes Finkenwerder verkaufen wollen. Das fordern deren Anwälte Peter Mohr und Rüdiger Nebelsieck in einem offenen Brief an Schröder. „Die Verteidigung des Alten Landes gegen eine rechtswidrige Planung“ könne auch aus Sicht der Bundesregierung „nicht dem Wohl der Allgemeinheit widersprechen“, vermuten sie.

Das Hamburger Oberverwaltungsgericht hatte am 10. August in einem Eilverfahren den Ausbau der Start- und Landebahn im Airbus-Werk mit der Begründung gestoppt, die Planungen von Stadt und Konzern seien „voraussichtlich rechtswidrig“. Deshalb dürften die KlägerInnen auch nicht enteignet werden. Dennoch hatte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Dietmar Staffelt, am Montag dem Hamburger Senat „die volle Unterstützung der Bundesregierung“ zugesagt und eine Änderung des deutschen Planungsrechtes zugunsten von Investoren angeregt.

Der Kanzler möge deshalb klarstellen, so die beiden Anwälte, dass die Bundesregierung keinesfalls „Wirtschaftsförderung auch unter Preisgabe rechtsstaatlicher Grundsätze betreiben will“. Nach ihrer Auffassung „ist Rechtsstaatlichkeit kein Standortnachteil“.

Die von Stadt und Airbus im Planverfahren gemachten Fehler „dürfen nicht den erfolgreichen Klägern angelastet werden“, erklären Mohr und Nebelsieck. Öffentlicher Druck auf diese durch Senat und Staatssekretär, „im vermeintlichen Interesse der Allgemeinheit den Widerstand gegen ein rechtswidriges Projekt aufzugeben“, sei nicht statthaft.

Airbus fordert dennoch von Hamburg bis Ende des Monats Planungssicherheit für die Erweiterung. Anderenfalls werde die vorgesehene Auslieferung des Riesenjets A380 entgegen der bisherigen Planungen und früherer Zusagen vermutlich im Airbus-Werk Toulouse erfolgen.

Der GAL-Abgeordnete Jens Kerstan hatte das vorgestern bereits als „Wortbruch und Erpressungsversuch“ kritisiert. Auch SPD-Wirtschaftspolitiker Ingo Egloff findet, Airbus habe gegenüber Hamburg „Verpflichtungen“. Immerhin habe die Stadt ihre „Vorleistungen“ durch die Erweiterungsfläche auf dem Mühlenberger Loch bereits erbracht. Auch in der für das Projekt federführenden Wirtschaftsbehörde wird inzwischen deutliches Befremden über das Verhalten des Luftfahrtkonzerns geäußert.

Bürgermeister Ole von Beust hatte noch am Mittwoch erklärt, er sei zuversichtlich, dass eine Lösung gefunden werde. Er selbst sucht nicht nach ihr: Er macht erst mal eine Woche Urlaub. sven-michael veit