Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Auch Gerechtigkeit nutzt nicht viel, wenn keiner mehr versteht, um welche Reform es gerade geht. Immerhin begreift auch die grüne Partei manchmal genauso wenig wie das Volk, was die rot-grüne Regierung gerade wieder anstellt

taz: Was war schlecht letzte Woche, was wird gut in dieser?

Friedrich Küppersbusch: Ob der Hausarzt rumdoktert oder die Parteien im Reformstreit – gemeinsam ist beiden, dass am Ende auf dem Rezept kein Mensch mehr die Handschrift entziffern kann. Die Debatte tobt zwischen den Polen Gerechtigkeit und Wirtschaftlichkeit. Was kein Schwein mehr begreift, kann aber weder gerecht noch wirtschaftlich sein. Auch daher der Charme simpler Lösungen wie Seehofers Bürgerversicherung oder Gunnar Uldalls Steuermodell mit nur drei Stufen. Die Beziehung zwischen Staat und Bürger funktioniert in Deutschland nur noch zu dritt: Auf der Besucherritze tummeln sich Steuer-, Vermögen- und Anlageberater. Langfristig taugt das nix.

Was diese Woche besser wird: das Wetter, wenigstens das, bitte.

Am Mittwoch redet Minister Clement beim Deutschen Journalisten-Verband zum Thema: „Marktmacht contra Meinungsvielfalt“. Was könnte er sagen?

Auf der Homepage der CDU kann man sich ein monströses Gebilde namens „Medienkonzern SPD“ angucken. Imponierend, wie da eine Hand voll Unter-zehn-Prozent-Beteiligungen an Lokalradios als sozialistischer Propagandaapparat gewürdigt wird. Man kann sich die Strategen im Adenauer-Haus kaum anders als feixend vorstellen, als der „ARD-Report aus München“ dies letzte Woche auch noch beflissen bebilderte. Eine intake SPD würde gegenfragen, warum die Bayerische Landesbank Steuermilliarden in die Kirch-Pleite pumpte; warum Leo Kirch Kohl und Schwarz-Schilling mit fürstlichen Dotationen versah und schließlich welche Großspender Kohl mit seinem Ehrenwort deckt.

Clement war lange Vizechef der Westfälischen Rundschau – bei diesem WAZ-Ableger ist die SPD mit etwa acht Prozent dabei. Er weiß, dass Medienpolitik längst Standortpolitik ist: „Zahl du mir Steuern, und ich mach es dir dafür gemütlich. Vielleicht schreibst du vor der Wahl dann mal was Nettes über mich.“ Das eskaliert nun in der Krise. Die Blätter, etwa der Tagesspiegel, drohen ungeniert mit Selbstmord, wenn die Politik es ihnen nicht passend macht. Skandalös. Und schlimmer noch: nicht zu ändern.

Am Freitag hat der Bundestag den Kundus-Einsatz beschlossen. Ist das konsequent – wenn man schon mal da ist, muss man sich auch kümmern – oder der Beweis, dass die finsteren Prognosen Recht hatten: Wer einmal out of area anfängt, kommt nicht mehr raus?

Tja. Und wenn es in Liechtenstein oder Legoland etwas zu richten gäbe, sollten unser Jungs auch schnell dorthin. Hauptsache, einerseits den Amis sagen: „Was wollt ihr denn. Wir sind doch dabei!“ Und andererseits zu Hause: „Kein Angst! Wir sind doch weit weg vom leider nicht nur sprichwörtlichen Schuss.“ Darin liegt die unselige Spannung des Kundus-Beschlusses. Oppositionsstimmen mögen ihn als Üben für Bagdad befürworten. Regierungsstimmen glauben eher, sie unterstützten den bewaffneten Arm von Rupert Neudeck. Nur die FDP stimmte dagegen, weil sie endlich auch mal in dieser Kolumne erwähnt werden wollte.

Der Verteilungskampf scheint erst begonnen zu haben. Renten eingefroren, dafür soll als ausgleichende Ungerechtigkeit für die Jüngeren die Studienzeit nicht mehr angerechnet werden. Ist das in Ordnung?

Sicher auch nicht schön, wenn man als Regierungspartei erst Dienstag der Zeitung entnimmt, dass man zwei Tage zuvor der Entrentung der Kernwählerschaft zugestimmt hat. Die Grünen sind halt basisorientiert und verstehen die Regierungspolitik voll solidarisch genauso wenig wie die Regierten. Der Witz an der Streichung der Rentenjahre fürs Studium ist nicht, dass sie künftig wegfallen, sondern im Nachhinein. Dutzende Jahrgänge studierten im Vertrauen darauf, dies im Alter nicht zu büßen. Vielleicht haben ein paar Taxifahrer Jura studiert und versuchen es nun mit einer Verfassungsklage auf Vertrauenschutz. Aber nur wenn sie es sich leisten können.

Und was macht Borussia Dortmund?

Borussia macht, wie es sich für eine Aktiengesellschaft gehört, Geschäfte. Die hundertprozentige Tochter Goool.de stattet künftig den Deutschen Eishockey-Bund mit Trikots aus, und ein dickes BVB-Aktienpaket ging letzte Woche an den Bonner Verleger Norman Rentrup. Der finanziert unter anderem „Bibel-TV“ und das Anlegerblatt Die Geschäftsidee. Der BVB kann Anregungen aus beiden spirituellen Richtungen gut gebrauchen.

INTERVIEW: STEFAN REINECKE