Der Berlin-Test ergibt: Die SPD-Basis grummelt

Generalsekretär Olaf Scholz übt schon mal für den SPD-Parteitag im November – und verteidigt Schröders Reformen

BERLIN taz ■ Es war eine Art Generalprobe: Drei Wochen vor dem SPD-Parteitag in Bochum hat gestern Generalsekretär Olaf Scholz die Reformpolitik des Kanzlers vor innerparteilichen Kritikern verteidigt. Im Rahmen eines Landesparteitages der Berliner SPD stellte Scholz den Leitantrag des Bundesvorstandes vor, der Schröders Reformpolitik in der Programmatik der Partei verankern soll.

Als Scholz sprach, blieb es nahezu unhöflich still im Saal. Dabei bemühte der Generalsekretär traditionelle Feindbilder. Es gebe, so Scholz, „eine merkwürdige Faszination mit Frau Thatcher von rechts bis links, auch in unserer eigenen Partei“. Er selbst hingegen halte den seinerzeitigen Kurs der britischen Premierministerin für „eine extremistische marktliberale Position“. Scholz rief in die kalte, ja feindliche Atmosphäre der Versammlung: „Wir bekennen uns zu dem Pfad sozialer Sicherheit, den Deutschland vor über hundert Jahren eingeschlagen hat.“ Sein „Perspektivantrag“ beschreibe eine Reform des deutschen Modells und ziele nicht auf seine Abschaffung, wie es die CDU der Angela Merkel plane.

Sozialdemokraten, die mehr innerparteiliches Prestige genießen als Scholz, wagten deutlichere Worte an die Basis. Berlins Regierender Bürgermeister, Klaus Wowereit, schimpfte: Der Reformbedarf, „habe sich ja wohl mittlerweile auch im letzten Gremium herumgesprochen“. Wowereit rügte Schröders innerparteiliche Kritiker in scharfer Form: „Wenn sich einzelne Abgeordnete tagtäglich mit Gewissensfragen hervortun, die nichts mit Gewissen zu tun haben, dann stimmt etwas nicht!“ Redner ohne oder nur mit lokalen Parteiämtern artikulierten hingegen Unmut über die Politik der Bundesregierung: „Ihr baut die Solidarsysteme ab“, hieß es immer wieder. Gegen den Willen der Parteiführung kam es zu mehreren Änderungsanträgen, die das soziale Profil der SPD unterstreichen sollten. In der geänderten Fassung erhielt das Dokument dann eine breite Mehrheit. Olaf Scholz durfte nach der für ihn wenig schmeichelhaften Aussprache noch einmal ans Mikrofon: „Substanzielle Vorschläge, es anders zu machen, sind nicht vorgekommen.“

ROBIN ALEXANDER