Braunes per Post

Von „Pro Köln“ vor Gericht gezerrte Antifaschisten bekommen neonazistische Hetzschrift zugeschickt

KÖLN taz ■ Fünf Mitglieder der Kölner Antifa haben gezielt Post mit neonazistischem Material erhalten. Neben einem Aufkleber „Ich bin ein Antifa-Heini“ lag dem Brief eine Ausgabe der Revolte vom Oktober 2004 bei, dem „Mitteilungsblatt des nationalen Widerstandes in Köln“. Das vierseitige Blättchen, das mit billigen Witzen und reißerischen Fotos gegen Ausländer, „Multi-Kulti“ und die EU hetzt, wird herausgegeben von der „Kameradschaft ‚Walter Spangenberg‘ Köln“.

Vier der Empfänger waren Anfang September von der „Bürgerbewegung Pro Köln“ vor Gericht gezerrt worden (taz berichtete). Angeblich sollen sie, hatte der rechtsextreme Verein behauptet, im Juli des letzten Jahres die „Pro Köln“-Vorsitzende Judith Wolter in Köln-Poll „überfallen und brutal zusammengeschlagen“ haben. Im Prozess war die Anklage indes in sich zusammengebrochen, und sogar die Staatsanwaltschaft hatte Freispruch für die Angeklagten beantragt.

Auf den Briefen, die die Antifa-Mitglieder jetzt erhielten, standen Adressen sowie Zweit- und Drittvornamen, die laut Eberhard Reinecke, Rechtsanwalt eines der Freigesprochenen, während des Prozesses nicht genannt wurden. „Für mich gibt es keine vernünftige Erklärung, wie diese Briefe ohne Kenntnis der Akte Wolter verschickt werden konnten“, sagte Reinecke der taz. Als erste kämen für die Weitergabe dieser Daten, die keinen Strafbestand darstelle, naheliegenderweise Judith Wolter und ihr Rechtsanwalt Markus Beisicht, ebenfalls „Pro Köln“-Aktivist, in Frage. Für Reinecke zeigt dies den „engen Schulterschluss“ zwischen „Pro Köln“ und militanten Neonazis. Für die Antifa sind die Briefe ein „hilfloser Versuch, Leute einzuschüchtern, nachdem es über den Gerichtsweg nicht geglückt ist“.

Die „Kameradschaft Walter Spangenberg“ wird laut Landesverfassungsschutzbericht 2002 von dem einschlägig bekannten Hitlerverehrer Axel W. Reitz angeführt, der auch als Redner auf der Neonazi-Demonstration am kommenden Samstag in Köln-Kalk auftreten will. Nach Antifa-Informationen ist „Pro Köln“-Aktivist Beisicht auch als Anwalt von Reitz tätig.

DIRK ECKERT, JÜRGEN SCHÖN