Eingefroren

Machtspiele (2): Schillers „Fiesco“ im Schauspielhaus

Zwischen 22.05 Uhr und 22.15 Uhr hat er’s geschafft: Der Tyrannenstürzer Fiesco ist Herzog von Genua. Zur besten Samstagabend-Sendezeit. Alle Kameras – auf ihn. Alle vorherige Selbstinszenierung – jetzt gewinnt sie an Wirklichkeit. Für 10 Minuten. Bis Fiesco einen Dolch in den Rücken kriegt und ganz antitheatral einfach umfällt. Einfühlung dezidiert nicht gewünscht.

Womit Regisseur Michael Talke am Ende seiner Inszenierung von Schillers „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ im Schauspielhaus des Bremer Theaters noch mal klar macht, dass es nicht die Charaktere waren, die ihn interessiert haben. Talke geht’s um die heutigen Posen und Inszenierungen im politischen Machtkampf. Zu Fiescos faustschwingenden Reden läuft Hollywood-Musik im „Independance Day“-Stil; vom zu stürzenden Herzog Andreas Doria berichtet Talke per Filmeinspielung im Soap-Opera-Format. Alles nur Show, alles nur gefrorenes Kameralächeln – so läuft’s also im politischen Geschäft von heute. Wer hätte das gedacht.

Schillers Stück als Anlass, die Machtinszenierungen im Medienzeitalter darzustellen: Das funktioniert. Talkes Schiller als Anlass, inspirierter aus dem Theater rauszugehen, als man reingegangen ist: Das funktioniert nicht. Unterhaltsam ist’s. Und bleibt so unverbindlich wie das Lächeln, das gefrorene. kli

Nächste Vorstellung: 20. 10., 20 Uhr im Schauspielhaus des Bremer Theaters