BFC Dynamo startet Krieg der Sterne

In der DDR war der Fußballclub mit zehn Titeln in Folge ein Meister der Planerfüllung. Die Leistung wollen die Berliner durch drei Stoffsterne auf ihren Trikots gewürdigt wissen. Dafür legen sie sich mit Bayern München und dem DFB an

In dieser Woche besucht eine Gruppe von Sportmarketing-Studenten aus den Niederlanden das Sportforum in Hohenschönhausen. Die Studiosi betreiben Feldforschung in Sachen Fußball und wollen im Nordosten der deutschen Hauptstadt den BFC Dynamo unter die Lupe nehmen. Der dort ansässige ehemalige DDR-Rekordmeister, der zwischen 1979 und 1988 zehn Titel in Serie errang, zehrt noch immer von jener glorreichen Epoche, obwohl von den Akteuren dieser Ära kaum jemand übrig geblieben ist.

Die Uni-Gäste aus dem Nachbarland dürfen sich im Sportforum wenigstens auf den amtierenden BFC-Trainer Christian Backs als Zeitzeugen freuen, einen der verdienten Dynamo-Spieler der 80er-Jahre. Ansonsten überwuchert dicke Patina den einstigen Glanz des in das Amateurlager abgestiegenen Clubs.

„Wir meinen es ernst“

Mario Weinkauf ist dabei, kräftig am in der vierten Liga verblassten Image zu polieren. „Wir meinen es ernst“, betont der Dynamo-Präsident. „Es“ soll in den Etagen des DFB und seines Profi-Ablegers DFL in Frankfurt am Main angeblich so wohlige Gruselschauer verbreiten wie die Lektüre eines Krimis von Stephen King. Denn die Amateure aus dem Sportforum stellen sich auf eine Stufe mit den Bundesliga-Königen des FC Bayern München.

Die Bajuwaren haben von der DFL im Sommer für ihre 17 Meistertitel seit Gründung der höchsten bundesdeutschen Spielklasse im Jahre 1963 drei Sterne verliehen bekommen, die nun von ihren Trikots prangen. „Wir haben den Antrag gestellt, dass auch wir drei Sterne tragen dürfen“, erklärt BFC-Sprecher Yannis H. Kaufmann angesichts der zehn DDR-Titel, die – rein rechnerisch – für das Aufnähen dieses Ehrenlogos auf die weinroten Dynamo-Hemden ausreichen würden.

Der Griff des BFC nach den Sternen hat die DFL offensichtlich auf dem falschen Fuß er wischt. „Wir werten ausschließlich den Bundesliga-Spielbetrieb, weil man erst seit 1963 den Meister nach dem fast gleichen Modus ermittelt“, rechtfertigt DFL-Sprecher Tom Bender die spontane Ablehnung des Berliner Ersuchens. „Es geht uns um Gleichbehandlung. Schließlich hat der DFB den DDR-Verband mit allen Statistiken, Länderspielen und Torschützen übernommen“, kontert Kaufmann. Um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu unterstreichen, fordern die Dynamos die Bayern-Riesen auch noch zu einem Endspiel um den wahren Super-Champion- Cup heraus.

Während man in der Dachorganisation am Main offenbar befürchtet, dass bald auch Rapid Wien, der in den DFB-Annalen als Deutscher Meister von 1941 geführt wird, nach transalpinen „Sternen“ greifen könnte, solidarisieren sich frühere DDR-Weggefährten mit dem BFC. Markus Hendel, Marketing-Manager von Dynamo Dresden, legt die Hand verbal in die offene Ost-West-Wunde: „Irgendwie gehörten wir doch zusammen, auch wenn wir in verschiedenen Ligen gespielt haben.“ Magdeburgs Geschäftsführer Randolf Neumann beobachtet das Berliner Aufbegehren mit Interesse. „Wenn der BFC mit seiner Forderung Erfolg hat, würden wir uns in das Fahrwasser von Dynamo begeben“, betont er.

Inzwischen scheinen DFB und DFL das heikle Politikum erst einmal auf den langen Marsch durch die Instanzen geschickt zu haben. In einem Brief an den Verein in Hohenschönhausen er klärt sich der DFB zuständig für den „Kampf der Sterne“ des BFC. Verbandsdirektor Willi Hink empfiehlt den Amateuren aus dem Sportforum, einen Antrag auf Erteilung eines „Titelsymbol gemäß Paragraf 14 der allgemeinverbindlichen Vorschriften über die Beschaffenheit/Ausgestaltung der Spielkleidung“ zu stellen. Zuständiges Organ sei kein Geringerer als DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt.

Sollte der BFC mit seinem Antrag letztlich scheitern, schließt Kaufmann Selbsthilfe nicht aus. „Dann nähen wir uns selber Sterne auf das Trikot. Zehn Stück, für jeden DDR-Titel einen“, verkündet der Dynamo-Sprecher. JÜRGEN SCHULZ