Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen hat einen guten Job gemacht – auch biografisch gesehen konsequent. Und im Schatten der nachwirkenden Kohl-Doktrin macht ein Referendum über einen EU-Beitritt der Türkei keinen Sinn

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Horst Köhlers nur notdürftig als Einstandsrede getarnte Lesung aus dem FDP-Programm.

Was wird besser in dieser?

Sozialhilfeempfänger werden in der Bild-Zeitung die Abschaffung von ifo-Chefökonom Hans-Werner Sinn („Ist Deutschland noch zu retten?“) fordern.

Die Aufnahme von Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei ist nun offiziell beschlossen. Manche in Deutschland fordern nun eine Abstimmung über die EU-Verfassung und den Türkei-Beitritt. Ist das Populismus oder ein gutes demokratisches Recht?

Fluch der schlechten Tat: Wir haben das nicht gelernt. Kohl-Doktrin war es, diverse Erweiterungen oder auch die Abschaffung der D-Mark nach Hausvatermanier zu verordnen.

Selbst bei der Wiedervereinigung wurde der vom Grundgesetz gewiesene Weg über eine neue gemeinsame Verfassung mit Volksabstimmung verlassen. Wo soll die Reife für eine so gefühlsträchtige Entscheidung plötzlich herkommen? Das macht es so schwer, nun Basisdemokratie zu fordern, ohne Angst vor rechter Hetze zu bekommen.

Bis jetzt hat die Aufnahme von Verhandlungen mit einem Kandidaten immer automatisch zu einem Beitritt zur EU geführt. Wie wird die Türkei die EU verändern? Wird sie die EU, wie viele fürchten, endgültig entscheidungsunfähig machen, weil sie zu groß und zu heterogen geworden ist?

Welche Idee von Europa steckt eigentlich hinter diesen Mahnungen? Wer darauf zielt, alles, was in den letzten 500 Jahren Krieg untereinander führte, in einem Verein zu befrieden, der muss mit dem Sachstand sehr zufrieden sein. Auch ist den Europäern zu Faschisten, Militärobristen und Diktatoren in Spanien, Portugal oder Griechenland nichts eingefallen.

Dagegen ist die jetzt verhängte Bewährungsstrafe für die Türkei doch ein Geniestreich. Nein, hier maulen die, die insgeheim von der Supermacht Europa träumen und übermorgen gern Ersatzbreschnew wären.

Hat Günter Verheugen einen guten Job gemacht?

Im vorgenannten Sinne: ja. Und man muss auch biografisch verstehen, dass er sich nun erfolgreich dagegen abgesichert hat, nach Bundesgeschäftsführer der FDP und dann der SPD auch noch Generalsekretär der CDU werden zu müssen.

CSU und die CDU sind sich in der Gesundheitspolitik ungefähr so nah wie Schröder und Lafontaine es in der Wirtschaftspolitik waren. Wer wird denn als Lafontaine enden: Angela Merkel oder Horst Seehofer?

Weder noch. Beide vereint erlassen den Arbeitgebern die Sozialbeiträge.

Otto Schily benennt den Bundesgrenzschutz in Bundespolizei um. Das klingt ja irgendwie effektiver. Stimmt es, dass, wie Schily stets behauptet, zu viel Föderalismus in Deutschland die Sicherheit gefährdet ?

Den Traum einer „Polizei des Innenministers“ träumte bereits CSU-Kollege Zimmermann: Schon damals ein Verfassungsbruch, da die Polizeihoheit bei den Ländern liegt. Im grenzenlosen Europa ist der Bundesgrenzschutz weitgehend obsolet; aber überreden Sie mal einen kleinen Jungen, ’ne kaputte Wumme wegzuwerfen.

Zwei von drei TV-Duellen zwischen Bush und Kerry sind vorbei. Wie steht es?

Ich lese: unentschieden.

Die Rundfunkgebühr steigt – aber nicht so hoch wie es die öffentlich-rechtlichen Sender wollten. Ist das okay?

Wenn die sich klarer geäußert hätten, die fehlenden Cents meiner Firma überweisen zu wollen, sähe ich das wesentlich kritischer. FRAGEN: SR