Vergeltung folgt auf Vergeltung

Israelische Armee sprengt drei Hochhäuser im Gaza-Streifen. Minister Lapid schlägt Auflösung jüdischer Siedlung vor. Rund 2.000 Israelis demonstrieren für Frieden

JERUSALEM taz/afp ■ Als „Kriegsverbrechen“ bezeichnete der palästinensische Minister Saeb Erikat die israelische Militäroperation in der Nacht zum Sonntag. 2.000 Palästinenser aus dem Al-Sahara-Viertel im südlichen Gaza-Streifen hatten ihre Wohnungen verlassen müssen, als Sprengstoffexperten drei Hochhäuser sowie eine Polizeistation zum Einsturz brachten. Die drei noch im Bau befindlichen Hochhäuser hatten der Armee zufolge zwei militanten Palästinensern als Beobachtungsposten gedient, bevor sie Ende vergangener Woche die benachbarte jüdische Siedlung Netzarim überfielen und drei Soldaten erschossen.

Der Tod der drei Soldaten, darunter zwei Frauen, löste gestern in Jerusalem eine heftige Regierungsdebatte über die Zukunft der Siedlung Netzarim aus. „Welchen Sinn macht es“, so fragte Justizminister Tommi Lapid, „dass ein komplettes Militärbataillon eine Siedlung mit nur 60 Familien bewacht?“ Die Regierung stelle sich taub gegenüber der „breiten öffentlichen Opposition“ gegen die Netzarim-Siedlung. Um „den Terror nicht zu belohnen“, schlug Innenminister Poras vor, die Siedlung durch ein Militärlager zu ersetzen.

Aus „Gründen der Sicherheit“ für die Siedler schnitt die Armee zigtausenden Palästinensern den Zugang zum Meer ab. Nur eine einzige Straße führt noch zum südlichen Gaza-Streifen. Unterdessen setzte der palästinensische Premierminister Ahmad Kurei seine Anstrengungen fort, eine erneute „Hudna“, einen Waffenstillstand der militanten Gruppen, zu erreichen. Zu diesem Zweck will er in Kürze mit führenden Vertretern der Hamas zusammentreffen.

Bereits am Samstag haben mehr als 2.000 Israelis in Jerusalem für den Frieden demonstriert. Die Teilnehmer der von der Bewegung „Frieden Jetzt“ organisierten Kundgebung riefen „Scharon zerstört den Frieden“ und „Es gibt einen anderen Weg“. Die Demonstranten, unter ihnen auch Abgeordnete der linken Opposition, versammelten sich in der Nähe des Amtssitzes von Regierungschef Ariel Scharon.

SUSANNE KNAUL