achim mentzel
: Deutschlands klügster Promi?

ACHIM MENTZEL (57), „Stimmungssänger“ aus Brandenburg, war in der Pisa-Show (ARD) Deutschlands klügster Prominenter. Wer? Manche Westler kennen ihn gar nicht.

Noch gestern war er mächtig stolz auf sein Resultat, das klang selbst durch ein funklochgestörtes Telefonat am Autohandy durch: Niemand konnte bei Jörg Pilawas ARD-Pisa-Ländertest mehr Fragen beantworten als Achim Mentzel.

Schlauer, kundiger, ja intelligenter als die Mimen Christine Neubauer und Hannes Jaenicke zu sein ist vielleicht keine große Kunst – doch Mentzel blamierte peinlicherweise jenen Kandidaten, der gewöhnlich für hartnäckige Wissensvermittlung steht: Christoph Biemann, den „Sendung mit der Maus“-Frager.

Mentzel ist nicht gerade der Typ, der im Westen sehr bekannt ist. Jedenfalls nicht in Kreisen, die auf Geschmack und eine gewisse ironische Gebrochenheit in allen Lebenslagen stolz sind: Mentzel ist ein Liebhaber der Beatles, der Rolling Stones und obendrein Exkumpel von Nina Hagen noch zu DDR-Zeiten („Fritzens Dampferband“). Berühmt und wohlhabend ist er aber mit einer Rolle geworden, die man in der Unterhaltungsbranche mit einigem Recht als „Stimmungskanone“ bezeichnet – obwohl Mentzel beteuert, nicht allzu glatt in der DDR gelebt zu haben: „Ein Auftrittsverbot war dabei.“

Trotzdem und mit anderen Worten: Die „singende Spreegurke“ (Rheinischer Merkur) bevorzugt Lieder, die beispielsweise den Titel „In Arena ist Damenwahl“ tragen. Auf dem Gebiet der früheren Arbeiter-und-Bauern-Republik ist der gelernte Dekorateur und Polsterer ein Held: „Achims Hitparade“ beim MDR verdankt seinen von jeder Programmreform geschonten Status mächtigen Quoten – die freilich nicht auf die Sorte Musik zu schieben seien, wie der Sender einräumt, sondern dem unverknüllten, das heißt fröhlichen Wesen des Mannes.

Und dieser auf Jovialität deutende Charakter wird durch den Schnauzbart und die auf dem Kopf getragene Stützwelle („Minipli“) krass unterstrichen. Er sieht aus wie eine Figur, die man sich als zänkischen Nachbarn oder Grillmeister der Nachbarschaft vorstellen kann. Alles nur Gruselfantasie womöglich.

Wie dem auch sei: Spott und Kritik prallen an ihm ebenso ab wie Allüren, die DDR-Herkunft als Ostalgie zu verklären: „Mein Gott, wir haben gelebt und gelebt und gelebt. Fett, krass, aus dem Vollen. Die DDR will keiner zurück – aber wird man ja noch sein Leben behalten können.“

Und das unterscheidet Mentzel von vielen seiner ost- wie westdeutschen Spaßkollegen: Ihm ist sein Handwerk nicht peinlich, er läuft nicht verheult durch die Radio- und TV-Redaktionen, um eine echte künstlerische Chance flehend. „Einmal im Jahr rocke ich, was das Zeug hält. Obwohl, jetzt, mit 57, denke ich, ist genug. Ich guck ja nur in den Spiegel und stell fest, nee, jetzt reicht es. Ich hab mich ausgetobt.“ Aber die Rolling Stones rocken doch auch noch – und sind älter als er? „Das ist deren Beruf, bei mir ist es Hobby.“

Acht Kinder hat er, ist seit 24 Jahren verheiratet, freut sich über acht Enkel und beteuert ins Autotelefon hinein: „Ich war im Showgeschäft nie für Geist und Gelehrtes zuständig, eher fürs Essen und Trinken. Und für die Mädels.“ Sagt es und fügt an: „Ich bin ein ernster Mensch. Aber warum sollte ich das auf der Bühne zeigen?“ JAN FEDDERSEN