Zahnpflege nach erstem Jubel

Keine Partei feiert sich nach den kommunalen Stichwahlen als Sieger. CDU-Chef Rüttgers beklagt Querschüsse aus Berlin, SPD-Generalsekretär Groschek mahnt die innerparteiliche Erneuerung an

VON ANDREAS WYPUTTA

Am Tag nach der Wahl siegten die Zweifel über die Euphorie: Besonders Landespolitiker von CDU und SPD haben sich gestern in Düsseldorf selbstkritisch zu den Ergebnissen der kommunalen Stichwahl geäußert. CDU-Oppositionsführer Jürgen Rüttgers bemängelte in erster Linie Querschüsse aus Berlin – vor allem der unionsinterne Streit der CDU mit der Bayerischen Schwesterpartei CSU um Kanzlerkandidatur und die Einführung einer einheitlichen Kopfpauschale im Gesundheitswesen habe den Wahlkämpfern in Nordrhein-Westfalen geschadet.

Nötig sei ein „klarer Kurs“ und mehr Geschlossenheit, mahnte Rüttgers. Noch deutlicher wurde der frisch gewählte CDU-Oberbürgermeister Wuppertals, Peter Jung, der den unter Korruptionsgerüchten leidenden SPD-Amtsinhaber Hans Kremendahl ablöst: „Das öffentliche Abschlachten ist für uns tödlich.“ Das unionsinterne „Messerwetzen“ müsse endlich aufhören.

Selbstkritisch gab sich auch der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek. Die Verluste seiner Partei etwa in Duisburg, wo sich die bisherige Amtsinhaberin Bärbel Zieling dem überregional unbekannten CDU-Herausforderer Adolf Sauerland geschlagen geben musste, seien weitgehend hausgemacht, glaubt Groschek: „Die Duisburger SPD hat innerhalb eines Jahrzehnts 20 Prozent Vertrauen verspielt.“ Nötig sei jetzt eine grundlegende innerparteiliche Erneuerung, so der SPD-General. „Die Generation 40 muss stärker zum Zug kommen“ – wie etwa in Gelsenkirchen, wo CDU-Amtsinhaber Oliver Wittke seinen Sessel räumen muss. Groschek will so auch die geringe Wahlbeteiligung von landesweit gerade einmal 38,4 Prozent erhöhen. „Wir dürfen nicht darauf warten, dass sich die Leute auf ritualisierte Versammlungen verirren.“

Am Wahlabend waren andere SPD-Spitzenpolitiker wie Parteichef Harald Schartau oder Ministerpräsident Peer Steinbrück dagegen in alte Reflexe zurückgefallen – und hatten ihre Partei zum Sieger erklärt. „Wir haben eingefahren, was einzufahren war“, meinte Schartau und lobte prompt „eine Partei, die kämpft“ und deshalb „alles erreichen“ könne. Auch Steinbrück zeigte sich zufrieden: „Das Pendel schlägt langsam zu Gunsten der SPD zurück.“ Die Landtagswahlen seien „völlig offen“, macht sich der Regierungschef Mut.

Bei so viel Jubel wollte auch CDU-Landesparteichef Rüttgers zunächst nicht zurückstehen. Wie bei der ersten Runde der Kommunalwahl vor zwei Wochen, als Rüttgers bereits kurz nach Schließung der Wahllokale die Christdemokraten zum Sieger erklärte, sprach der Ex-Zukunftsminister der Regierung Kohl auch am Sonntag Abend von einem „Signal für den Wechsel in NRW.“ Solange die Kameras liefen, gab Rüttgers den Zweckoptimisten: „Wer in Wuppertal, der Heimatstadt von Johannes Rau, gewinnt, kann auch in anderen Großstädten gewinnen.“