Fluch der Billigflieger

Die Regionalflughäfen in NRW buhlen mit Dumping-Preisen um die Gunst der Billig-Airlines und gefährden damit ihre eigene Wirtschaftlichkeit

„Selbst für die rot-grüne Koalition ist das Fliegen eine heilige Kuh“

VON ULLA JASPER

In NRW, dem Eldorado für Low-Cost-Airlines, spitzt sich der Verdrängungswettbewerb unter den Flughafenbetreibern weiter zu. Die Flughäfen liefern sich einen erbitterten Wettbewerb um die Gunst der Fluggesellschaften, der Kunden und um Subventionen der Landesregierung. Während der Airport Weeze erst vor wenigen Tagen bekannt geben musste, dass der Billigflieger VBird seinen Flugbetrieb aus wirtschaftlichen Gründen mit sofortiger Wirkung eingestellt hat, feierte man in Dortmund gestern die seit diesem Sommer bestehende Zusammenarbeit mit Easyjet.

Das britische Unternehmen, das derzeit acht Ziele in ganz Europa von Dortmund aus anfliegt und in den vergangenen zwölf Monaten drei Millionen Passagiere in Deutschland befördert hat, kündigte an, sein Streckennetz weiter auszubauen und auch von Dortmund aus eine weitere Destination anzufliegen. Doch auch dort können die aktuellen Erfolgsmeldungen die vielen Negativschlagzeilen der letzten Wochen nicht vergessen machen. Im Kampf um die Ansiedlung immer neuer Billig-Airlines unterbieten sich die Flughäfen mittlerweile gegenseitig. Dieser Preiskrieg bedroht nicht nur die Wirtschaftlichkeit der Flughäfen, sondern verärgert auch etablierte Fluggesellschaften. So haben erst kürzlich Eurowings, Hapag Lloyd und Air Berlin dagegen protestiert, dass der neue Konkurrent Easyjet von den Betreibern des Dortmunder Flughafens begünstigt werde und geringere Gebühren zahlen muss.

Für Werner Reh, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) in Düsseldorf, bestätigen die aktuellen Meldungen nur eine zu erwartende Entwicklung: „Wir erleben gerade einen Prozess im Billigflugsektor, in dem die Firmen sich kaputtkonkurrieren werden.“ Er rechnet damit, dass in einigen Jahren nur noch drei bis vier Billigflieger existieren werden und dass damit auch viele der kleineren Regionalflughäfen bedroht werden. Schon jetzt gebe es in Nordrhein-Westfalen dramatische Überkapazitäten gerade auf den kleinen Regionalflughäfen, die im Zuge des Billigflugbooms ausgebaut worden seien, so der Verkehrsexperte. Die Rentabilität dieser „Flughäfen auf der grünen Wiese“ sei extrem fragwürdig.

Da sich viele der Flughafengesellschaften in den Händen kommunaler Unternehmen befinden, kommt letztlich der Steuerzahler für das Gebühren-Dumping und die daraus resultierenden Defizite der Betreibergesellschaften auf. „Es ist eher unwahrscheinlich, dass diese Flughäfen eine ausreichende Nachfrage generieren und wirtschaftlich arbeiten können, zumal es an begleitender Infrastruktur oft mangelt.“ Der BUND fordert deshalb von der Landesregierung ein integriertes Flug-Zug-Konzept, das sich auf die großen Flughäfen konzentriert und diese verkehrstechnisch so anbindet, dass sie auch aus Randgebieten gut erreichbar sind. Große Hoffnung auf eine Richtungsänderung der Politik hat Reh jedoch nicht: „Selbst für die rot-grüne Koalition in Düsseldorf ist das Fliegen eine heilige Kuh.“

In Weeze glaubt man derweil immer noch an eine goldene Zukunft, vermutlich aber ohne VBird. Die niederländische Fluggesellschaft drücken Schulden in Höhe von zehn Millionen Euro, wie Firmensprecherin Claudia Hövel gestern mitteilte. Doch die Flughafenbetreiber hoffen darauf, dass Ryanair die Strecken von VBird übernehmen wird. Verhandlungen laufen bereits.