Selbstbewusst aus der Armut

Das Thema Kinderarmut spielt in Kindergärten eine immer größere Rolle. Der Kölner Caritasverband hat untersucht, wie Erzieherinnen und Erzieher damit umgehen und was sie daran ändern können

Von Susanne Gannott

Armut in Deutschland ist besonders häufig Armut von Kindern. Die Quote der Kinder, die von Sozialhilfe leben müssen, ist doppelt so hoch wie beim Bevölkerungsdurchschnitt. Welche Auswirkungen hat das auf Kinder? Und wie gehen diejenigen damit um, die an „vorderster Front“ täglich mit Kinderarmut konfrontiert werden: die KindergärtnerInnen?

Das herauszufinden und neue, bessere Strategien im Umgang mit Armut zu erarbeiten, war Ziel eines Projekts des Caritasverbands im Erzbistum Köln, das gestern vorgestellt vorgestellt wurde. Der erste Teil des Projekts bestand in der Befragung von 479 ErzieherInnen aus Kindertageseinrichtungen im Erzbistum. Ergebnis: Für rund 90 Prozent der Befragten ist Kinderarmut inzwischen ein „alltägliches Thema“, erklärt Johann Michael Gleich von der Katholischen Fachhochschule NRW, der das Projekt wissenschaftlich begleitete. Die Mitarbeiter würden zum Beispiel beobachten, dass Kinder materiell schlecht versorgt werden. Dass das Geld für den Ausflug nicht gezahlt wird, im Winter angemessene warme Kleidung fehlt. Armen Kindern fehle es häufig aber auch an Sprachkompetenz, sie würden sozial isoliert und seien von schlechterer Gesundheit. Den ErzieherInnen seien also die vielfältigen Auswirkungen von Kinderarmut durchaus bewusst. „Aber bei den meisten besteht eine große Unsicherheit, was zu tun ist“, sagt Gleich. Ein Ergebnis des Projekts sei daher die Erkenntnis, dass das Thema Armut in der Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte eine größere Rolle spielen müsse.

Mit praktischen Beispielen und Strategien gegen Kinderarmut befasste sich der zweite Teil des Projekts, in dem 27 Tageseinrichtungen diverse Maßnahmen erprobten. Dazu zählten etwa Hilfs- und Beratungsangebote in der Kita für die Eltern, wie Projektleiter Andreas Leinhäupl-Wilke erklärt. Eine Kita habe auch begonnen, Lebensmittel zu verteilen, andere organisierten Kleiderbasare oder verstärkten die Arbeit mit Büchern.

Ein Ergebnis dieser Projekte: Kitas müssen zukünftig zu Familienzentren werden. Gleich gibt zu, dass man gegen das Hauptproblem – die Arbeitslosigkeit und die daraus resultierende Armut – als Kirche nichts machen könne. Aber: Die Kitas könnten das Selbstbewusstsein und die Fähigkeiten der Kinder und ihrer Eltern stärken und ihnen so bessere Chancen geben, mit ihrer Situation zu leben. Um später vielleicht der Armut zu entkommen.