Gerichtshaus am Osterdeich verkauft

Die ehemalige Kaufmannsvilla blickt auf ein bewegtes Innenleben zurück: Sie war Synagoge, Musikschule und zuletzt Oberverwaltungsgericht. Jetzt gehört sie einem Privatmann. Büronutzung nicht ausgeschlossen

bremen taz ■ „Das Haus am Osterdeich 17 ist verkauft.“ Martin Rohmann, Sprecher der Bremischen Gesellschaft für Immobilien (GBI), klang gestern ein wenig erleichtert. Den Namen des Käufers müsse er jedoch vorerst geheim halten. Ebenso – Ehrensache – den Kaufpreis, mit dem die GBI aber „sehr zufrieden“ sei.

Die Richter am Oberverwaltungsgericht witzeln: „Na endlich ist es doch verkauft.“ Schon hatte das Gerücht von „Schwierigkeiten“ die Runde gemacht – nachdem monatelang zahllose Kaufinteressenten durch die alte Villa gezogen waren, in der das OVG seit 1992 bis zum Auszug im Juli seinen Sitz hatte.

fast ein viertel Jahr lang stand die ehrwürdige, denkmalgeschützte Villa seither leer, während die Richter vom neuen Gerichtszentrum im alten Polizeihaus aus dem Weserblick nachtrauerten. Oder den gediegenen Räumen mit Holzvertäfelung und Parkett. Oder dem Jugendstilfresko, auf dem sich im Treppenhaus die untergehende Sonne durch Bleiglas spiegelte.

Von solcherlei Flair ist am neuen Sitz nichts zu spüren – in dem manches Beratungszimmer fensterlos geraten ist. Dafür aber ist die juristische Bibliothek endlich zentral zugänglich – für alle.

Schon wird gemunkelt, auch die städtische Villa, in der bis Sommer das Sozialgericht residierte, sei verkauft. Doch bestätigt ist nichts. Im Osterdeich wird unterdessen eine neue Ära beginnen – mit Büronutzung, so vermuten Beobachter.

1992 war das Haus zuletzt saniert worden – unter Aufsicht des Denkmalschützers. Denn unter anderem hatte hier Rudolf Alexander Schröder (1897-1962), Spross einer Bremer Kaufmannsfamilie, Innenarchitekt, Kunstmäzen und Gründer des Insel-Verlags, in den hohen alten Räumen seine Spuren hinterlassen. 1945 überließ die amerikanische Militärverwaltung die unversehrte Villa den wenigen überlebenden Mitgliedern der jüdischen Gemeinde. Das Haus diente mehrere Jahre als Synagoge – für jüdische US-Soldaten und für Überlebende des Holocaust. Von hier aus fanden viele Traumatisierte Unterstützung für ihre Auswanderung. Später siedelte im Haus die Jugendmusikschule. ede