Männer sind anders. Noch Fragen?

Renate Schmidt will mit dem „Gender-Kompetenz-Zentrum“ Geschlechterpolitik auch ohne Gesetze voranbringen

BERLIN taz ■ Dass Männer und Frauen irgendwie unterschiedlich sind, ist seit längerem bekannt. Weniger verbreitet ist die Erkenntnis, dass man in Politik und Verwaltung, in Wirtschaft und Gesellschaft besser fahren könnte, wenn man diese Unterschiede berücksichtigt. Gestern tat die Bundesregierung einen Schritt in Richtung Aufklärung: Frauenministerin Renate Schmidt (SPD) eröffnete eine bundesweite Fachberatung, die in Zukunft öffentliche wie private Einrichtungen informieren wird. Das so genannte Gender-Kompetenz-Zentrum wird an der Humboldt-Universität in Berlin angesiedelt sein. Mit einer Direktorin und vier MitarbeiterInnen soll es die Fachkompetenz in Geschlechterfragen an die Frau und den Mann der Praxis bringen.

Das ist auch dringend notwendig. Zwar hat die Bundesregierung 1999 „Gender Mainstreaming“, also die Berücksichtigung der verschiedenen Geschlechter im Mainstream ihrer Politik, beschlossen, doch änderte sich an der Politik erstmal wenig. So findet sich etwa in den Gesetzen zur Arbeitsmarktreform ganz am Schluss der schöne Satz: „Dieses Gesetz berücksichtigt die Prinzipien des Gender Mainstreaming.“

Das Kompetenz-Zentrum mit seinem Gesamtetat von 340.000 Euro wird das sicherlich nicht sofort ändern, aber „wir werden die Menschen durchaus persönlich ansprechen und einladen, sich bei uns zu informieren“, so die neue Direktorin des Zentrums, die Juraprofessorin Susanne Baer. Das Frauenministerium erhofft sich offensichtlich Entlastung durch den neuen Think Tank. „Ich möchte nicht immer allen Ministerien hinterherhecheln“, bekannte Renate Schmidt gestern. Überhaupt sieht sie die Vorteile von Gender Mainstreaming darin, dass es keine Politik „von Frauen für Frauen“ sei: „Die Ministerien, in denen es natürlich auch viele Männer gibt, müssen sich um die Gleichstellung beider Geschlechter kümmern.“

Damit das gelingt, will das neue Gender-Kompetenz-Zentrum zunächst Übersetzungsarbeit leisten. Auf der Homepage www.genderkompetenz. info wird an Politikfeldern von „Ältere Menschen“ bis „Wohnungswesen“ erklärt, welche Unterschiede zwischen Geschlechtern zu beachten wären und wo man sich weiter darüber informieren kann. Das Zentrum will zudem eine ExpertInnendatenbank aufbauen, in der Behörden oder Organisationen professionelle BeraterInnen finden.

Für Renate Schmidt ist das Zentrum im Übrigen ein Beispiel für sinnvolle Geschlechterpolitik jenseits von Gesetzen: In einem Beitrag zum Zentrum für die Frankfurter Rundschau verdeutlichte sie abermals: „Ich bin davon überzeugt, dass ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft zwar eine hohe Symbolwirkung hätte, aber die betriebliche Praxis nicht verändern würde.“ HEIDE OESTREICH