Sanieren und stehen lassen

Wenn Stadtplaner und Architekten diskutieren, ist die Frage nach Renovierung oder Abriss des Kölner Opernhauses plötzlich obsolet. Allerdings vermieden sie im Domforum ein Thema: Das Geld

von Holger Möhlmann

Niemand will die Oper abreißen. Absolut niemand. Dieser Eindruck drängte sich zumindest während eines Podiumsgesprächs auf, zu dem der Bund Deutscher Architekten (BDA) am Montag ins Domforum geladen hatte. Thema des Abends war die Kölner Operndebatte, ausgelöst durch den Vorschlag der schwarz-grünen Ratsmehrheit, das denkmalgeschützte, aber durch und durch marode Opernhaus gar nicht erst zu sanieren, sondern abzureißen und woanders neu zu errichten. Das Terrain am Offenbachplatz könnte in diesem Fall an (noch aufzutreibende) private Investoren verkauft werden, die das für einen Neubau nötige Geld in Kölns Kassen spülen würden. Nur: Will das noch jemand? Nach dem Gespräch am Montag mag man es kaum glauben.

Selten waren sich Plenum und Podium so einig, hatte ein Gebäude aus den Fünfzigern eine so starke Lobby. Während eines einführenden Diavortrags erläuterte Stadtkonservator Ulrich Krings die Geschichte des von Wilhelm Riphahn zwischen 1954 und 1962 errichteten Ensembles aus Opern- und Schauspielhaus, das an dieser Stelle schon seit den 30er Jahren geplant gewesen sei. Gerade die Oper sei ein „Baudenkmal hohen Ranges“ und ein „unübertroffener Akzent der Moderne“ in Köln. Architekturhistorisch stehe sie in der Tradition der großen Opernneubauten von Semper in Dresden und Garnier in Paris. Seine Forderung nach Sanierung des Hauses und Wiederherstellung des Ursprungszustands verband Krings mit zwei Wünschen: dem nach Abschaffung der zwar gut gemeinten, aber das Foyer verstellenden Kinderoper und dem nach einem Ende der Fassadenwerbung.

Einer nach dem anderen sprachen sich auch die geladenen Fachleute auf der anschließenden Podiumsdiskussion für den Erhalt des Opernhauses aus. Dieter Bartetzko, Architekturkritiker der FAZ, sprach von einer „Abrisswelle“, die derzeit durch Deutschland gehe, einer Abrisswelle, die mit Schlagworten wie „Standortvorteil“ und „Wettbewerb“ begründet werde und die mit der ungehemmten Neubauwut der 50er und 60er Jahre vergleichbar sei. Ein Überschwappen dieser Welle auf geschützte Baudenkmäler wie die Kölner Oper bezeichnete er als „geradezu frivol“.

Hiltrud Kier, Stadtkonservatorin a.D., warf ein weiteres Wort in die Runde: „Unmoralisch“ sei ein Abriss, und es gäbe „Dinge, die sind tabu“. Stadtentwicklungsdezernent Bernd Streitberger bezog angesichts der schwebenden Frage keine eindeutige Position und verwies auf die Erarbeitung verschiedener Vorschläge bis Ende des Jahres. Aber letztlich forderte auch er, dass Köln seine Baudenkmäler „respektvoll“ behandeln solle. Einzig BDA-Präsident Kaspar Kraemer lehnte die Tabuisierung der Opernfrage ab: Niemand wolle das Haus leichtfertig abreißen, aber es gehe auch nicht an, dass über Alternativen zur Sanierung nicht mal mehr gesprochen werden dürfe.

Um Geld ging es nur am Rande während des Podiumsgesprächs und der anschließenden Diskussion im Plenum. Im Vordergrund standen der bauliche Wert des Opernhauses, die Zukunft des Theaters und der Standort Offenbachplatz. Einer möglichen Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt stimmte Streitberger in diesem Zusammenhang zu, während Kier und Bartetzko sie ablehnten. Was jedoch die Oper anging, herrschte an diesem Abend immer wieder Einigkeit: Sie soll uns erhalten bleiben. Gut denn: Sanieren wir sie also und lassen wir sie stehen.