Unterschriftenaktion
: Das Nein ist ein strategisches Muss

Bei der CDU neigen manche dazu, ihren Kreuzberger Parteifreund Kurt Wansner zu belächeln. Nun aber hat genau der getan, was strategisches Muss für Partei- und Fraktionschef gewesen wäre, aber ausblieb: Eine Unterschriftenaktion gegen den EU-Beitritt der Türkei klar abzulehnen. Nicht dass Wansner plötzlich für den Beitritt wäre oder vor drohender Diskriminierung warnt. Aber er hat das strategisch einzig Richtige erkannt: Die CDU kann bei einer solchen Aktion in Berlin nur verlieren.

KOMMENTARVON STEFAN ALBERTI

Denn wer die Türkei nicht in der EU sehen möchte, weiß bei der nächsten Wahl sowieso, dass er mit dieser Haltung bei der CDU richtig ist. Dazu braucht es keine Unterschriftensammlung. Und wer hier gar keine Türken sehen möchte, nimmt doch lieber gleich das Original – und eine Unterschriftenaktion würde den Rechtsextremen das Feld sogar noch bereiten.

Gleichzeitig aber vergrätzte die Berliner CDU mit einer solchen Kampagne zehntausende mögliche Wähler. Denn was kommt im deutschen Parteienspektrum dem traditionellen türkischen Familienbild näher als die konservative CDU, in der das C ohnehin keine große Rolle mehr spielt? Die Union müsste nur endlich wie SPD, PDS und Grüne auch Türkischstämmige ins Abgeordnetenhaus schicken. Denn gerade Funktionsträger gleicher Herkunft sind es, die Wählern das Gefühl vermitteln können: Hier seid ihr richtig.

Die Unterschriftenaktion aber würde das Gegenteil auslösen: Wenn der einzige türkischstämmige Ortsverbandschef geht, bleibt das nicht der einzige Austritt. Dann könnte die Partei auch gleich ein Warnschild durch Kreuzberg, den Wedding und Neukölln tragen: Vorsicht, CDU!