anschläge von bagdad
: Terror für den Wahnsinn

Die Botschaft des blutigen Morgens von Bagdad ist klar. Polizisten, die mit den US-Besatzern zusammenarbeiten, werden als Kollaborateure betrachtet, die ihres Lebens nicht sicher sein können. Was aber hat der Anschlag auf das Internationale Rote Kreuz zu bedeuten, das vor, während und nach dem Krieg als neutrale Organisation zuverlässig im Dienste der irakischen Menschen stand?

Kommentarvon KARIM EL GAWHARY

Die Absicht der Täter ist offensichtlich. Ihre Botschaft lautet: Mischt euch nicht ein, verlasst den Irak und überlasst die Verwaltung des Landes voll und ganz den Besatzern. Damit würden die Fronten klar – „wir“ gegen die Besatzer.

Anschläge auf die Polizisten, auf Mitglieder der Übergangsregierung und auf internationale Hilfsorganisationen dienen vor allem einem Ziel: Die Besatzer sollen isoliert werden und weder irakische Rechtshüter noch internationale Helfer sollen da in die Quere kommen. Nur so, glauben die Täter, können sie sicherstellen, dass das amerikanische Experiment im Irak auch wirklich scheitert.

Dabei hat sich die Stimmung im Irak wieder verändert. Zunächst wurden die Amerikaner als Befreier gefeiert, dann wurde der Ärger über die Besatzer immer größer, weil nichts voranging und überall blankes Chaos herrschte. In den letzten Wochen bietet sich für die Iraker ein eher verwirrendes Bild. Es ist fast so, als seien Aufbau und Zerstörung in dem Land einen Wettlauf eingegangen, und keiner weiß, wer als Erster die Ziellinie überschreitet.

Einerseits gehen die Kinder wieder zur Schule, die Krankenhäuser funktionieren wieder, und die Stromversorgung nähert sich langsam dem Vorkriegsstand an. Auf der anderen Seite war das Leben in Bagdad aber noch nie so unsicher wie heute. Neben den politisch motivierten Anschlägen gegen die Besatzung wächst auch die traditionelle Kriminalität, Gewaltverbrechen mehren sich.

Normalität und Wahnsinn leben also unmittelbar nebeneinander. Die Täter von gestern setzen alles daran, dass der Wahnsinn die Stadt übernimmt, denn nur so, glauben sie, am Ende die US-Besatzung loszuwerden. Den Preis für diese zynische Strategie zahlen am Ende die Iraker selbst, denn unter ihnen waren gestern die mit Abstand meisten Todesopfer zu beklagen. Und nun laufen sie womöglich auch noch Gefahr, selbst die internationale Hilfe zu verlieren, die ihnen unabhängig von den Besatzern zukommt.