Patient Krankenhaus

Den Hamburger Kliniken geht es finanziell schlecht. Schuld seien das Abrechnungssystem und die Zahlungsmoral einiger Kassen

„Das Budgetsystem ist am Ende, und eigentlich wissen das auch alle“

Von ELKE SPANNER

Schon jetzt gibt es Wartelisten für planbare Behandlungen. Und verbessert sich die finanzielle Ausstattung der Hamburger Krankenhäuser nicht, werden die in Zukunft womöglich PatientInnen abweisen müssen. Auf diese Entwicklung hat gestern die Hamburgische Krankenhausgesellschaft (HKG) hingewiesen. Deren Vorsitzender Heinz Lohmann bemängelte zum einen ein „kriminelles Abrechnungssystem“ – und zum anderen die Zahlungsmoral vieler Krankenkassen.

Die schulden den 42 HKG-Mitgliedshäusern rund 78,5 Millionen Euro für Patientenbehandlungen, allein die BKK Hamburg hat laut HKG Außenstände in Höhe von 25,6 Millionen Euro. „Wir vermuten“, resümierte vorsichtig der zweite Vorsitzende Fokko ter Haseborg, „dass die eine oder andere Kasse versucht, sich auf dem Rücken der Leistungsträger zu sanieren.“

Indiz dafür ist, dass einige Kassen versuchen, die Preise für erbrachte Klinikleistungen zu drücken. Müssen die Krankenhäuser ihr Geld erst vor dem Sozialgericht einklagen, kann es Jahre dauern. Immer häufiger kommt es laut HKG-Geschäftsführer Jürgen Abshoff vor, dass insbesondere die BKK sich dies zunutze macht: „Sie lockt die Kliniken mit sofortiger Zahlung, sofern Abschläge vereinbart werden. Meiner Meinung nach ist das Erpressung.“ Die allerdings ohne Konsequenzen bleibt.

Mehrfach hat die HKG Gesundheitssenator Peter Rehaag (Schill-Partei) angeschrieben, dessen Behörde die Aufsicht über die BKK Hamburg führt. Die Reaktion der Gesundheitsbehörde, so Abshoff, sei „sehr zurückhaltend“ gewesen. Die BKK selbst wehrt sich gegen die Vorwürfe: Sie schulde den Kliniken nicht 25,6 Millionen Euro, strittig sei lediglich ein Betrag in Höhe von 11,5 Millionen.

Auch das Abrechnungssystem bringt die Kliniken nach Aussagen der HKG in finanzielle Engpässe. Die Leistungen der ÄrztInnen und PflegerInnen werden nicht direkt entlohnt, sondern von einem pauschalen Budget abgezogen, das zwischen Krankenhäusern und Kassen ausgehandelt wird. Je stärker aber der Andrang von PatientInnen, so der HKG-Vorsitzende Lohmann, desto schneller ist das Budget für eine Klinik erschöpft. „Das Budgetsystem ist am Ende, und eigentlich wissen das auch alle.“ Er fordert, den Krankenhäusern die Möglichkeit zu eröffnen, mit den einzelnen Kassen Verträge über die einzelnen Versorgungsleistungen abzuschließen. Das hätte nicht nur zur Folge, dass die Behandlungen der PatientInnen nach dem tatsächlichen Aufwand bezahlt würden. Zudem wäre es bei Verträgen, in denen die Behandlungen exakt definiert sind und der Preis dafür abgesprochen ist, für die Kassen schwieriger, sich ihrer Zahlungspflicht zu entziehen. Erfolgt diese Systemumstellung nicht, prophezeit Lohmann, „sind Rationierungs- und Scheckbuchmedizin nicht mehr aufzuhalten“.