Einwohner hanseatisch gelassen

Das ZKH Ost in Osterholz will die Station für psychisch kranke Gewalttäter erweitern. Das sei „im Interesse der Bevölkerung“

Die derzeitige Überbelegung behindert die Therapie

Bremen taz ■ Hanseatische Gelassenheit dominierte am Montagabend in Osterholz die Einwohnerversammlung zum geplanten Erweiterungsbau der Forensik. Die geschlossene psychiatrische Abteilung im ZKH Ost, die gestörte Straftäter beherbergt, soll wachsen. „Wie lange noch?“, fragte so manche Zuhörerin. Doch blieb die Debatte im Ortsamt vor rund 20 Anwohnern sachlich.

In der Forensik sind schon jetzt die vorhandenen 73 Plätze mit 86 Männern überbelegt. Es gebe neun weitere Anmeldungen für das laufende Jahr, bei Noteinweisungen müsse darüberhinaus jeder aufgenommen werden, erklärte die Chefärztin der Abteilung, Nahla Saimeh, den AnwohnerInnen. Die Psychiatrie im ZKO handele im gesetzlichen Auftrag. „Unsere Patienten sind Menschen, die eine Straftat begangen haben, weil sie psychisch krank waren.“ 85 Prozent der KlientInnen seien nach längerer Behandlung heilbar und stellten dann keine Gefährdung für die Öffentlichkeit dar. Doch würden immer mehr Menschen eingewiesen – und sie blieben auch immer länger. Deshalb sei die Erweiterung der Forensik nötig. Sie soll in den kommenden Jahren um 24 Plätze auf rund 100 Plätze wachsen.

Die Planungen von Architekt Ulf Sommer bringen der Psychiatrie-Station mehrere wichtige Neuerungen. Das freistehende Haus 11 auf dem Klinikgelände etwa, in dem bisher aufgrund der Überbelegung keine optimalen Sicherheitsbedingungen herrschen, soll künftig in einen dreigeschossigen Anbau an die derzeitige Forensik verlegt werden. Zugleich werden die derzeit übervollen Räumlichkeiten für Beschäftigungstherapie im neuen Anbau erweitert. Erstmals soll auch ein Terrain an der frischen Luft entstehen, mit Bäumen und einer kleineren Sportanlage. „Manche Insassen können seit acht Jahren nur auf einem kleinen Hof im Karree herumlaufen“, warb Chefärztin Saimeh. Die Anlage soll von einem sechs Meter hohen Zaun samt Kontaktsperreanlage umgeben sein.

Mancher Beobachterin entfuhr da ein Seufzer. „Denken Sie eigentlich auch an uns, an die Anwohner?“, fragte eine ältere Frau. „Wir können doch unsere Häuser gar nicht mehr verkaufen. Da will doch niemand hin.“ Saimeh konterte: Genau der Gedanke an das Gemeinwohl Bremens mache den Erweiterungsbau notwendig. Bei der derzeitigen Überbelegung, die auf einzelnen Stationen bis zu 40 Prozent betrage, und wegen der PatientInnen auch schon auf Dreibettzimmern wohnen müssten, sei der Behandlungserfolg nämlich schlechter. „Wir verschieben Menschen von Bett zu Bett, dann wechseln auch die Ärzte und Psychiater“, erklärte Saimeh. Für die Therapie der gefährlichen Straftäter sei das wenig zuträglich, sie dauere dann länger.

Für nicht therapierbare gefährliche Straftäter, so die Psychiaterin, „brauchen wir eigene Einrichtungen“. In solche „Long-Stay“-Häuser, die länderübergreifend errichtet werden müssten, könnten aussichtslose Patienten verlegt werden – und so in der Psychiatrie selbst wertvolle Betten für therapiefähige Patienten frei machen. In Bremen betreffe dies derzeit rund zehn bis zwölf Personen. Gäbe es in absehbarer Zeit eine solche Einrichtung, dann müsste künftig auch nicht über eine „Stufe zwei“ des jetzt geplanten Ausbaus nachgedacht werden. Diese sieht bis zum Jahr 2012 sogar 122 Plätze in der Forensik vor. ede