Grüner Punkt geht an die Börse

Industrie und Handel geben ihre Aktien am Dualen System ab. Kartellamt will so das Monopol des Grünen Punktes für das Einsammeln von Verpackungsmüll knacken

BERLIN taz Die Duale System Deutschland AG (DSD) gibt dem Druck des Kartellamts nach und drängt „Großunternehmen aus Handel und Industrie“ aus dem Kreis ihrer Aktionäre. Künftig sollen sie weniger als 25 Prozent der Anteile halten, der Rest soll über die Börse gestreut werden. Auch mehrere stille Gesellschafter aus diesem Kreis sollen ausgezahlt und damit verabschiedet werden. Man sei nun Zeuge, erklärte gestern DSD-Chef Hans-Peter Repnik in Köln, „wie eine kartellartige Struktur sich auflöst“. Damit geht die DSD („Der grüne Punkt“) einen weiteren Schritt hin zur Öffnung der Verpackungsmüllentsorgung für den Markt.

Kartellamtschef Ulf Böge gab sich gestern folglich „sehr zufrieden“. Trotzdem hält er weiter an der Missbrauchsaufsicht fest, denn die DSD sammelt weiter rund 95 Prozent des Verpackungsmülls ein – und bildet damit ein natürliches Monopol. Das war 1990 bei seiner Gründung als „Selbsthilfeeinrichtung von Handel und Industrie“ (Repnik) auch beabsichtigt gewesen: Die DSD sollte die Verpackungsverordnung umsetzen und dafür sorgen, dass 60 Prozent an Alu und Kunststoff, 70 Prozent an Pappe und Weißblech, sowie 75 Prozent des Glases eingesammelt und möglichst recycelt werden soll.

Doch die beteiligten Firmen übertrieben es etwas mit der Selbsthilfe. Während die DSD alles tat, um sich Konkurrenz vom Leibe zu halten, hielt sie die Preise fürs Einsammeln hoch. Das änderte sich erst, als die EU-Wettbewerbshüter Druck machten, und die DSD zwangen, die Sammelverträge offen auszuschreiben. Gleichzeitig mussten die Vertreter der Entsorgungswirtschaft den Aufsichtsrat verlassen. Dies war der erste Schritt zu mehr Wettbewerb. Gestern nun folgte der zweite.

Die DSD agiert dabei als der „Systemträger“, das heißt sie organisiert das Recycling oder Verbrennen – die eigentliche Arbeit erledigen Auftragsfirmen. Seit ein paar Jahren nun versuchen Konkurrenten wie VfW und Belland Vision Teillösungen für so genannte „Selbstentsorger“ anzubieten. Sie organisieren für Schlecker und dm und für einige Apotheken das Einsammeln direkt am Laden. Dabei sind die Sammelquoten aber so schlecht, dass die Firmen in Krankenhäusern und Kantinen Drittmüll sammeln müssen, um das Defizit ausgleichen zu können.

Andere Firmen wie Interseroh und Landbell konkurrieren dagegen als Systemträger für die Sammlung in den Gelben Tonnen und Säcken in den Haushalten. Bislang klagte die DSD gegen die unliebsame Konkurrenz, und organisierte den Widerstand ihrer Altaktionäre. Doch auch damit soll nun Schluss sein, erklärte der Aufsichtsrat.

Die Öffnung für den Markt hat auch eine Kehrseite für die Wettbewerber. Die DSD gibt das Non-profit-Prinzip auf und bewirbt sich nun im Gegenzug auch um die Einsammlung von Elektroschrott oder Pfanddosen – den Marktnischen ihrer Konkurrenten. MATTHIAS URBACH