ZU VIELE US-POLITIKER GLAUBEN, SIE WÜSSTEN, WAS EIN GUTES AUTO IST
: Frischzellenkur für General Motors

Die Obama-Regierung schreibt erneut einen Nothilfescheck für die schwächelnde US-Autoindustrie. So viel, so gut, denn der Untergang des Autogiganten General Motors würde riesige Schockwellen in die Gemüter der US-Bürger senden. Daher erscheint es legitim, die drohende Katastrophe mit Steuergeld und Regierungshilfe vorerst fernzuhalten. Kopfkratzen verursacht jedoch der gleichzeitige Rauswurf des GM-Chefs Rick Wagoner.

Wagoner, so viel ist sicher, hat es verdient. Als Manager, der seit dem Jahr 2000 sensationelle 80 Milliarden US-Dollar Verluste eingefahren hat, hätte er schon längst seinen Hut nehmen sollen. Doch Moment mal: Hatte die Obama-Regierung jemals den Rücktritt der diversen Bankchefs gefordert, deren Geldhäuser nun am Tropf des Weißen Hauses hängen? Nein. Und hier liegt die Krux: Niemand bestreitet, dass der Dinosaurier General Motors eine drastische Umstrukturierung benötigt. Zu lange haben sich Wagoner und Co. damit herausgeredet, dass die Benzin saufenden Geländewagen dem amerikanischen Traum nun mal gerecht werden. Ihr Argument stimmte, bis zur Krise.

Gefährlich aber erscheint nun, dass die US-Regierung zum Autobauer werden will. Anders als bei Finanzen, wo kein Laie sich einbildet, mitreden zu können, bilden sich zu viele Politiker ein, schon zu wissen, was gute Autos sind. Dabei ist die Krise der Detroiter Autobauer zu gleichen Teilen auch der Finanzkrise und der Standortkrise geschuldet. Anders als ihre asiatischen US-Konkurrenten, wie Toyota und Hyundai-USA, genießen in den Detroiter Betrieben die Arbeiter noch gewerkschaftlichen Schutz. Will die Obama-Regierung GM und Chrysler wirklich konkurrenzfähig machen, bliebe ihr in letzter Konsequenz nur übrig, der Gewerkschaft United Auto Workers endgültig den Todesstoß zu versetzen und die Löhne drastisch zu senken. Die Mehrheit der Bevölkerung würde Obama dazu beglückwünschen, denn noch unpopulärer als Banken zu retten, ist nur noch, die gewerkschaftlich organisierte US-Autoindustrie zu retten. Obama riskierte mit einer Lohnsenkung zwar seine Glaubwürdigkeit als Anwalt der kleinen Leute, doch der Untergang des Industrieflaggschiffs GM wäre noch katastrophaler. ADRIENNE WOLTERSDORF