Hilfsorganisationen vom Militär umarmt

Humanitäre Helfer im Irak sehen sich mit den US-Invasoren identifiziert. Dennoch wollen sie zunächst weiterarbeiten

BERLIN taz/rtr ■ Die im Irak arbeitenden Hilfsorganisationen sehen sich zunehmend mit den US-Besatzungstruppen identifiziert. „Früher war die Fahne etwa des Roten Kreuzes in Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten ein Schutz. Heute ist das umgekehrt“, sagt Jürgen Lieser, Leiter der Katastrophenhilfe von Caritas International, im taz-Interview. „Wenn Kriege mit Menschenrechten und humanitären Anliegen legitimiert werden, ist es kein allzu großes Wunder, dass westliche humanitäre Organisationen als Teil des Feindes betrachtet werden – und nicht mehr als neutral“, so Lieser.

Am Montag waren bei Anschlägen auf die Rote-Kreuz-Zentrale und mehrere Polizeiwachen in Bagdad mindestens 42 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt worden.

Die Sprecherin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, Antonella Notari, sagte gestern in Genf, dass ihre Organisation noch keine Entscheidung über eine Fortsetzung der Arbeit im Irak getroffen habe. Caritas international will bleiben, solange sinnvolle Hilfe möglich ist. Auch die deutschen Hilfsorganisationen kündigten an, trotz der schwierigen Sicherheitslage zunächst im Irak weiterarbeiten zu wollen. „Wir denken natürlich darüber nach, wie lange wir diesen Einsatz unter diesen Konditionen aufrechterhalten können“, schränkte Elias Bierdel von Cap Anamur ein.

Ohne Genehmigung durch die USA könnten die Hilfsorganisationen heute im Irak nicht agieren. Nicht nur der Journalismus arbeite zunehmend militärisch „eingebettet“, sondern auch die humanitären Helfer, erläutert Jürgen Lieser. In der Wahrnehmung verschwämmen Militär- und Hilfsaktionen deshalb immer stärker. Aus dieser Perspektive dürfte die Aufforderung von US-Außenminister Colin Powell, die Hilfsorganisationen sollten im Land bleiben, wenig hilfreich sein.

nachrichten SEITE 2, interview SEITE 12