Heimliches Endlager?

Greenpeace protestiert auf Förderturm dagegen, dass Gorleben doch zur Endstation für Atommüll wird. „Alternativen suchen“

„Wer neue Endlager-Suche ablehnt, weiß, dass Gorleben in diesem Vergleich nicht bestehen könnte“

Hamburg taz ■ Zehn Stunden lang haben Greenpeace-Aktivisten gestern einen Förderturm über dem geplanten Atommüll-Endlager Gorleben besetzt. Sie protestierten gegen den bevorstehenden Castor-Transport aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague in die oberirdische Zwischenlager-Halle in direkter Nachbarschaft des Schachtes. Dieser Transport lässt nach Ansicht der Atomkraft-GegnerInnen ein mögliches Endlager im Wendland einen Schritt näher rücken. „Warum sollte man die Castor-Behälter sonst in diese Ecke fahren?“, fragt Greenpeace-Sprecherin Heike Dierbach.

Nach Ansicht der Umweltschutzorganisation eignet sich Gorleben nicht als atomares Endlager, weil es über dem Salzstock keine durchgehende Tonschicht gibt, die den Müll vom Grundwasser trennt. Durch Bewegungen im Salzstock könnten radioaktive Partikel nach oben gedrückt werden und das Trinkwasser vergiften. „Die tödlich strahlenden Abfälle können dort nicht sicher von der Umwelt abgeschirmt werden – das ist schon seit über 20 Jahren klar“, sagt Greenpeace-Atomexperte Mathias Edler.

Bislang gibt es in Gorleben lediglich das Zwischenlager direkt neben dem möglichen Endlager. Nach ihrem Regierungsantritt 1998 hatte die rot-grüne Bundesregierung beschlossen, die Suche nach einem geeigneten Endlager in Deutschland neu anzupacken. Ein Arbeitskreis entwickelte Kriterien für das Lager und für die Suche nach einem Standort, die nach Angaben des Umweltministeriums 700 Millionen Euro kosten würde.

Die Vorschläge der Experten liegen inzwischen auf dem Tisch. Trotzdem hat es keine neue Standortsuche gegeben. „Kanzler Schröder scheut den Konflikt mit den Stromkonzernen, die an Gorleben festhalten wollen, weil ihnen eine neue Suche zu teuer ist“, vermutet Susanne Ochse von Greenpeace.

Die Fraktionsvorsitzende der niedersächsischen Grünen, Rebecca Harms, sieht den schwarzen Peter bei der Hannoveraner Landesregierung und der Atomindustrie: „Ein neues Suchverfahren bedeutet, dass Gorleben mit anderen Standorten verglichen werden würde. Wer das ablehnt, der weiß, dass Gorleben in diesem Vergleich nicht bestehen könnte“, so Harms.

Die gestrige friedliche Protestaktion war aus Greenpeace-Sicht ein Erfolg. „Der Ball liegt jetzt in Berlin“, sagt Dierbach. Die Polizei nahm lediglich die Personalien der Besetzer auf. Das Bundesamt für Strahlenschutz prüft allerdings noch, ob es Strafanzeige stellen will. Gernot Knödler