Ypsilanti-Kritiker Walter verliert SPD-Mitgliedsrechte

Zwei Jahre lang darf der ehemalige Fraktionschef der hessischen SPD seine Parteirechte nicht ausüben

FRANKFURT/MAIN taz ■ Das Schiedsgericht des SPD-Unterbezirks Wetterau hat am Montag sein Urteil gegen den „Abweichler“ Jürgen Walter verkündet: Für zwei Jahre sollen dem ehemaligen Chef der hessischen Landtagsfraktion die Mitgliedsrechte beschnitten werden. Die Parteistrafe wurde von einem Berufsrichter und zwei Laienrichtern mit SPD-Parteibüchern verhängt, weil Walter am 3. November 2008 – trotz gegenteiligem Parteitagsbeschluss vom 1. November 2008 – erklärt hatte, die seinerzeit amtierende Partei- und Fraktionschefin Andrea Ypsilanti nicht mit zur Ministerpräsidentin wählen zu wollen. Das Ergebnis: Die SPD landete wieder in der Opposition, Ypsilanti trat von ihren Ämtern zurück.

Ihre plötzliche Verweigerungshaltung begründet hatten Walter und seine beiden Mitstreiterinnen Carmen Everts und Silke Tesch, deren Schiedsgerichtsverfahren noch anhängig sind, mit „akuten Bauschmerzen“ wegen der avisierten Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung Ypsilanti durch die Partei „Die Linke“. Walter, der ein ihm angedientes Ministeramt ausschlug, weil es nicht sein Wunschressort Wirtschaft war, hatte zudem schon auf dem Parteitag den Koalitionsvertrag heftig kritisiert. Die Vereinbarung gefährde insbesondere wegen des dort festgeschriebenen Widerstands gegen Großprojekte im Luft- und Straßenverkehrsbereich Arbeitsplätze, so Walter.

Nach dem Urteil jetzt darf Walter seine Parteirechte wie etwa das Antrags- und das Stimmrecht oder auch das passive Wahlrecht für zwei Jahre nicht mehr ausüben; das Antrags- und Stimmrecht in seinem Ortsverein wurde ihm gelassen. Gegen den Schiedsspruch, dessen Begründung noch aussteht, kann der Jurist Walter Berufung vor der Schiedskommission der SPD Hessen-Süd einlegen. Schon vor der mündlichen Verhandlung hatte Walter, der sich aktuell im Urlaub befindet, erklärt, keinen Schuldspruch zu akzeptieren und notfalls „bis vor das Bundesverfassungsgericht“ ziehen zu wollen. Sein Anwalt sagte denn auch, dass sein Mandant „zu 99 Prozent“ Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen werde. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT