Ultimative Raubtiershow mit Happy End

Nach dem glücklichen Pokalsieg bei Hansa Rostock aus elf Metern bleibt Hertha-Coach Huub Stevens im Amt

Die ganze Aufregung hätte man sich am Ende sparen können. Huub Stevens bleibt nach dem Pokalsieg in Rostock Trainer bei Hertha BSC. Sitzt bei der Pressekonferenz, will nichts trinken, grinst vor sich hin, tut „erleichtert und kann das alles noch nicht verarbeiten“. Wie banal doch so ein aufgeblasenes Ultimatum verpuffen kann. Den Arbeitsplatz von Stevens ausgerechnet an zwei unsäglichen Auftritten beim krisengeschüttelten FC Hansa Rostock festzumachen, war wirklich etwas schwach. Eine bessere Mannschaft ist Hertha nach diesen zwei Siegen jedenfalls nicht, und einen besseren Trainer haben sie schon gar nicht. Was sie hatten, war eine Menge Glück.

Denn das Ultimatum/die Verabredung/die Vereinbarung war im zweiten Teil am Dienstagabend fast schon abgelaufen, Stevens eigentlich draußen und Hertha verdient gegen wackere Rostocker ausgeschieden. Doch diesmal zog der Kelch vorüber, weil der eingewechselte Rafael in den Schlusssekunden der Verlängerung den Ball doch noch zum 2:2 ins Netz knallte. Das anschließende Elfmeterschießen erduselte sich die Hauptstadtmannschaft, da den Norddeutschen das Wasser noch bedrohlicher bis zum Hals steht. Das machten die Nerven von Max, Persson und Plassnegger nicht mit. Auf Berliner Seite scheiterten nur Schmidt und Marcelinho. Hertha war etwas weniger durcheinander, mehr nicht.

Wäre die Elfmeter-Lotterie in die andere Richtung ausgeschlagen, hätte man sich schön die verbogenen Rücken von Manager Dieter Hoeneß, Stevens und den anderen Hauptdarstellern anschauen können. Was hätte sie dann wohl gesagt und gemacht? Wir werden es nie erfahren, dürfen uns aber darauf freuen, wenn Berlin das nächste Mal länger nicht gewinnt.

Als Torwart Gabor Kiraly gefragt wurde, ob er in den Augenblicken seiner Paraden an den Trainer gedacht habe, sann der Ungar kurz nach und sagte: „Ich denke an Spieler, Fans, die Stadt, Hertha, meine Tochter und alles.“ Und als ihm nichts mehr einfiel, sagte er noch: „Und an den Trainer.“ Nico Kovac gab gleich zu, in dem Moment, als er seinen Elfmeter glücklich über den Innenpfosten ins Tor justierte, „nicht an den Trainer gedacht zu haben“. Hoeneß erklärte später: „Ich habe um Stevens gekämpft wie ein Löwe.“ Was gewesen wäre, wenn Stevens dem Ultimatum in den letzten Sekunden doch nicht mehr von der Schippe gesprungen wäre, daran wollte Hoeneß „nie gedacht“ haben. Weil „erfolgreiche Sportler während des Wettkampfes nie darüber nachdenken, was sein wird, wenn man verliert. Dafür bleibt genug Zeit danach.“

Löwe Hoeneß blieb danach genug Zeit, den Medien seine Sicht der Dinge zu predigen. In den Wochen zuvor eher wortkarg, hörte er jetzt gar nicht mehr auf zu erzählen, bis den Journalisten die Tinte versiegte und sie mit wunden Fingern auf ein Ende hofften. Er hätte „alles richtig gemacht“, frohlockte der Hertha-Manager und schwärmte von einem „Happy-End-Szenario, dass von Steven Spielberg hätte sein können“. Auch Nico Kovac fand die Berliner Raubtiernummer filmreif. Er allerdings meinte, dass „das Drehbuch von Alfred Hitchcock geschrieben sein musste“. Also wirklich, Leute!

DIRK BÖTTCHER

DFB-Pokal, 2. Runde: FC St. Pauli - VfB Lübeck 2:3 nach Verlängerung; VfL Wolfsburg (A) - 1. FC Köln 2:3; Hansa Rostock - Hertha BSC 3:4 im Elfmeterschießen (2:2); Werder Bremen - VfL Wolfsburg 3:1 n.V.; Wacker Burghausen - VfB Stuttgart 0:1; Bayern München - 1. FC Nürnberg 7:6 i.E. (1:1)