Pleite? Ruhe bitte!

Die Regierung tut zu wenig, um ihre eigene Strategie zur Nachhaltigkeit zu kommunizieren, klagen Grüne wie SPD

BERLIN taz ■ Ende des Jahres wird die Regierung ihr wichtigstes Umweltziel verfehlen: Die Minderung des Ausstoßes von Kohlendioxid um 25 Prozent, wie es schon die Regierung Kohl als nationales Klimaziel formulierte. Es gehört zu den ungeschriebenen Gesetzen der Politik, solche Niederlagen unter den Tisch fallen zu lassen – und tatsächlich ist es ruhig um die absehbare Pleite. Auch im Entwurf des „Fortschrittsberichts 2004“ der Regierung zur Nachhaltigkeitsstrategie findet sich dazu kein Wort. Nun fordert die grüne Fraktion, dies „schonungslos“ zu analysieren: Ein so wichtiges Ziel dürfe „nicht ignoriert werden“.

In ihrer Stellungnahme zum Fortschrittsbericht, der Ende Oktober im Kabinett verabschiedet werden soll, attestieren die Grünen der eigenen Regierung zwar eine „mutige Herangehensweise“, die Strategie bereits nach zwei Jahren zu prüfen. Ihnen ist aber nicht verborgen geblieben, dass „der Dialog um Nachhaltigkeit an der breiten Öffentlichkeit vorbeiläuft“. Daher wollen sie nicht länger bloß Erfolge aufgelistet sehen, sondern „kritisch Bilanz ziehen“ und „Hemmnisse analysieren“. Erst so würde die Strategie glaubwürdig.

Die 2002 aus der Taufe gehobene Nachhaltigkeitsstrategie beschäftigte sich mit Möglichkeiten, Energieversorgung, Verkehr und Landwirtschaft zukunftssicher zu machen. Nun sollen noch die „Potenziale älterer Menschen für die Gesellschaft“ ausgelotet und nach „alternativen Kraftstoffen“ geforscht werden. „Die Strategie ist besser als ihr Ruf und ihre Bekanntheit“, urteilt der Grüne Winfried Hermann.

Nicht nur die Grünen, auch die SPD-Fraktion will das Thema populärer machen. „Man muss die Strategie enger an die Tagespolitik ankoppeln“, fordert die zuständige SPD-Abgeordnete Astrid Kluge. „Das ist unendlich wichtig.“ Die SPD arbeitet zwar noch an ihrer Stellungnahme, aber auch Kluge will „ehrlicher“ die Probleme bilanzieren.

Den Grünen zufolge wurde bei der Agenda 2010 „eine große Chance vertan“. Schließlich geht es dabei um das Kernanliegen der Strategie: Zukunftsfähigkeit. Doch die Regierung ist offenbar nicht daran interessiert, ihre Nachhaltigkeitsstrategie so hoch zu hängen. Im Fortschrittsbericht heißt es lapidar, „nicht alles, was nachhaltig ist, muss auch ‚nachhaltig‘ heißen“. URB