Ausbildung könnte doch Rente bringen

Grüne: Schulische Ausbildung bei der Berechnung der Rente anerkennen. Sozialministerium „prüft ernsthaft“

BERLIN taz ■ Wer eine Lehre macht und Autoschlosser wird, wird belohnt, wer eine Ausbildung an einer Fachschule, etwa zur Erzieherin, macht, bestraft. Dieses Ergebnis würde die Ankündigung der Sozialministerin Ulla Schmidt zeitigen, die schulische und die Hochschulausbildung künftig nicht mehr bei den Rentenberechnungen zu berücksichtigen. Das soll nach dem Willen der Grünen nun doch nicht passieren. Sie wollen, dass schulische Ausbildungen mit „beruflichem Charakter“ weiter mit drei Beitragsjahren bei der Rente angerechnet werden.

Der Sprecher des Sozialministeriums, Klaus Vater, wollte gestern allerdings nur bestätigen, dass das Ministerium „das sehr ernsthaft prüft“. „Das ist keine weiße Salbe“, sagte er zur taz, „wenn es nicht geht, muss das sehr gut begründet sein.“ Vor allem der deutsche Frauenrat hatte protestiert und darauf hingewiesen, dass gerade ErzieherInnen oder AltenpflegerInnen eine rein schulische Ausbildung machen, aber später keineswegs zu den gut Verdienenden gehörten, die die fehlenden Beitragsjahre locker verschmerzen könnten. Mehr noch, anstatt wie Lehrlinge schon während der Ausbildung zu verdienen, müssen sie oft auch noch Gebühren an die ausbildenden Schulen bezahlen. Ulla Schmidt hatte behauptet, vor allem Akademiker hätten bislang von der Anrechnung ihrer Ausbildungszeit profitiert, mit dem Hintersinn: Die mit ihrem überdurchschnittlichen Verdienst haben es nun wirklich nicht nötig, dass ihnen auch noch Rentenbeiträge gutgeschrieben werden, die sie nie eingezahlt haben.

Vergessen hat sie dabei die zahlreichen Ausbildungen, die auch „schulisch“ sind, im Gegensatz zu Lehrberufen, bei denen schon während der Ausbildung Geld verdient wird – und Rentenbeiträge gezahlt werden. ErgotherapeutInnen, Masseure und Masseusen, Bademeister oder Bürokauffrauen können sich an Fachschulen ausbilden lassen. Viele dieser Berufe sind typische Frauenberufe, im Gegensatz zu den Lehrberufen, die öfter von Männern gewählt werden. „Klassische Männerberufe würden weiterhin gefördert werden, den Beschäftigten in klassischen Frauenberufen, in denen das Einkommen ohnehin niedrig ist, würde man auch noch die Rente kürzen“, befand auch Irmingard Schewe-Gerigk, die frauenpolitische Sprecherin der Grünen. Ihrer Darstellung nach hat Schmidt die Anerkennung dieser Ausbildungen den Grünen bereits fest versprochen – was das Ministerium dementiert.

HEIDE OESTREICH