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Das DNA-Miniaturlabor für die Hosentasche

Ein Minilabor soll helfen, Arbeitsabläufe im Labor zu vereinfachen. Die Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks wird damit noch einfacher. Molekularbiologische Kenntnisse sind beim Arbeiten mit der Blackbox nicht mehr nötig

Arbeitsschritte wie das Sammeln, Auswählen und Vervielfältigen von Proben der Erbinformation gehören zum Alltag jedes Biolabors. Nur so ist es möglich, DNA-Abschnitte von Krankheitserregern, aber auch von Versuchstieren oder Patienten zeitgerecht zu analysieren. Diese Arbeitsvorgänge soll nun ein Miniaturlabor, das Forscher der Cornell-Universität in Ithaca, New York, entwickelt haben, automatisch durchführen. Dabei benötigt der Benutzer kaum mehr molekularbiologisches Wissen. Es genügt, wenn er auf der einen Seite des Kastens, der gerade zwei mal vier Zentimeter misst, die zu untersuchenden Proben eingibt und auf der anderen Seite das Messergebnis erfährt.

Bislang kann das Minilabor, das eher einem Modul als einem regulären Biochip vergleichbar ist, zwei Arten von Arbeiten ausführen: So bereitet es für die so genannte Polymerase-Kettenreaktion (PCR) die einzelnen DNA-Stränge vor. Im zweiten Schritt führt es dann diese grundlegende biochemische Reaktion durch: Die PCR wird benutzt, um bekannte DNA-Stränge zu vervielfältigen. Dadurch gelingt es, minimale Spuren von Erbinformation zu verstärken, so dass sie ohne Probleme nachgewiesen werden können. Forscher verwenden diese Methode beispielsweise beim Vaterschaftstest, zum schnellen Nachweis von Krankkeimen oder im Polizeilabor, um einen genetischen Fingerabdruck zu erstellen.

Zunächst braucht der Wissenschaftler als Startmoleküle kurze, spezifische DNA-Fragmente – so genannte Primer –, um die Verdoppelung der Einzelstränge in Gang zu bringen. In der Regel läuft die PCR dann als ein Prozess ab, der aus drei Stufen besteht: Erstens werden die DNA-Doppelstränge bei 95 Grad Celsius aufgespalten. Anschließend legen sich die Primer dann bei Temperaturen zwischen 50 und 65 Grad an eine bestimmte Stelle des jeweiligen DNA-Einzelstrangs. Schließlich können sich die Nukleotide, die in der Reaktionslösung schwimmen, bei 72 Grad an die Startmoleküle anschließen. So liegen nun zwei identische DNA-Doppelstränge statt nur einem vor und die erste Kopie des Originals ist hergestellt.

Nun werden die Doppelstränge wiederum bei 95 Grad aufgetrennt, und das Spiel beginnt von Neuem. Insgesamt wird diese Reaktion zirka 30- bis 45-mal wiederholt. Als Enzym leistet hier die so genannte Taq-Polymerase gute Dienste, weil sie bei der niederen Temperatur von 72 Grad aktiv wird, aber auch noch bei 95 Grad existieren kann. So entstehen in dem „Cocktail“ nach 20 Zyklen theoretisch eine Million Kopien.

Doch die Forscher der Cornell-Universität wollen noch einen Schritt weiter gehen und einen dritten Arbeitsvorgang in das Minilab integrieren, der die gewonnenen DNA-Stücke nachweist. Dies geschieht mittels bestimmter Fluoreszenz-Methoden wie dem Verfahren der molekularen Leuchtsignale. Hierzu dienen fest definierte, passende DNA-Stränge, die in einer Haarnadelstruktur gefaltet sind. Sie enthalten je einen fluoreszierenden Baustein, der aber in dieser Faltungsstruktur von einem benachbarten Bauteil am Leuchten gehindert wird. In Lösung entwirrt sich die Haarnadel, glättet sich und findet das zugehörige DNA-Molekül.

Hierbei entfernt sich der fluoreszierende Baustein von der Nachbargruppe und leuchtet. Auf dem Detektor erscheint dann ein spezifisches Signal. Damit ist dann nachgewiesen, dass das gewünschte Stück Erbinformation mit der PCR-Methode entstanden ist.

„Man kann diesen Chip an irgendjemanden geben, der keine labortechnische Erfahrung hat, und er kann damit arbeiten“, verdeutlicht Nathan Cady, Mikrobiologe von der Cornell-Universität. Und sein Kollege Florian Gunzer von der Gesellschaft für Biotechnologische Forschung (GBF) in Braunschweig bestätigt: „Es ist zwar nicht neu, aber schon eine recht pfiffige Sache, in so einem kleinen Kasten viele komplizierte und wichtige biochemische Verfahren unterzubringen.“

JOACHIM EIDING

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