Musharraf konsolidiert Macht

Pakistans prowestlicher Machthaber Musharraf bleibt weiter gleichzeitig Armeechefund Staatsoberhaupt. Die Opposition wirft ihm Verfassungs- und Wortbruch vor

Der Präsident darf nicht General, aber der Armeechef eben Präsident sein

DELHI taz ■ Pakistans Unterhaus hat gestern ein Gesetz verabschiedet, das es Präsident Pervez Musharraf erlaubt, bis zum Ende seiner Amtszeit 2007 die beiden Funktionen von Staatsoberhaupt und Armeechef gleichzeitig auszuüben. Dies wurde unter lautstarkem Protest der Opposition beschlossen, die darin einen Verfassungsbruch sieht. Die Regierungspartei verteidigte sich spitzfindig: Die Verfassung verbiete nur, dass der Präsident gleichzeitig General im Dienst, nicht aber, dass der Armeechef auch Präsident sein könne. Für die Opposition ist das neue Gesetz der endgültige Beweis, dass es Musharraf nicht um Demokratie geht, sondern um eine Festigung seiner persönlichen Macht und der der Generäle.

Besonders die Koalition islamischer Parteien protestierte heftig, sehen sie doch in Musharrafs Schritt einen Wortbruch. Der hatte ihnen letztes Jahr versprochen, Ende 2004 als General abzudanken, wenn sie ihm die Unterstützung für umfassende Verfassungsänderungen gäben. Sie gingen auf das Angebot ein und verhalfen Musharraf damals zur Zweidrittelmehrheit, die nötig war, um den Einfluss des Präsidialamts und – mit Hilfe eines „Nationalen Sicherheitsrats“ – der Armee zu stärken. Er rechtfertigte den Wortbruch mit der Terrorszene an der Grenze zu Afghanistan sowie in den Großstädten. Dies verlange eine „koordinierte Führung“.

Das Gesetzesmanöver kommt zwei Tage nachdem Musharraf seinen fünften Jahrestag im Amt feiern konnte. Am 12. Oktober 1999 setzte der damalige Armeechef den Premierminister Nawaz Sharif ab und ließ ihn verhaften. Der Putsch löste starke internationale Proteste aus. Der 11. September 2001 wurde für Musharraf dann zum Rettungsring. Er kehrte sich gegen die mit Pakistan verbündeten afghanischen Taliban und sorgte dafür, dass diese ihre Schutzräume in der Grenzregion, und damit die Macht, verloren. Auch Musharrafs Mitwirkung am Krieg gegen den Terror wurde für die USA zu einem entscheidenden Mittel, um das Al-Qaida-Netzwerk zu schädigen.

Die USA bedankten sich, indem sie Sanktionen rasch aufhoben und Pakistan einen generösen Schuldenerlass und neue Kredite zugestanden. Die bedingungslose Unterstützung der USA machte den in religiösen Dingen moderaten Musharraf erst recht zur Zielscheibe der Islamisten. Statt diese frontal anzugreifen, arrangierte er sich mit ihnen. Er stellte sicher, dass sie zwei Provinzregierungen stellen konnten. Bisher löste er auch sein Versprechen der Reform radikaler Koranschulen nicht ein.

Musharraf verfügt über große Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerung. Sein Bekenntnis zu einem Islam der Toleranz wird von einer Mehrheit geteilt, und sein Kreuzzug gegen korrupte Politiker trifft, auch wenn er weitgehend rhetorisch und einseitig bleibt, auch auf breite Resonanz. BERNARD IMHASLY