Putschgerüchte gegen Rüttgers

In der nordrhein-westfälischen CDU gärt es: Teile des wirtschaftsliberalen Flügels machen gegen Landesparteichef Jürgen Rüttgers mobil. Wunschkandidat Friedrich Merz aber gilt nicht durchsetzbar

VON ANDREAS WYPUTTA

„Joachim Erwin und Jürgen Rüttgers hassen sich schon seit ihrer Zeit in der Jungen Union“ – geht es um das Verhältnis zwischen Düsseldorfs frisch wiedergewähltem Oberbürgermeister und Nordrhein-Westfalens CDU-Landeschef, machen sich führende Christdemokraten keinerlei Illusionen. Symptomatisch für den derzeitigen Zustand der Partei arbeitet Erwin derzeit an einer neuen Eiszeit: „Warten Sie doch mal ab, ob Rüttgers überhaupt Spitzenkandidat wird“, soll der CDU-Rechtsaußen dem Berliner Tagesspiegel gesagt haben.

Damit hat Erwin, der vielen Rüttgers-Vertrauten als „kleines Licht“ gilt, die parteiinterne Debatte um den Vorsitz der Landespartei neu entfacht. Dabei musste die Düsseldorfer Parteizentrale bereits vor Wochen Gerüchte dementieren, ausgerechnet der von Rüttgers aus dem Amt des Düsseldorfer Oppositionsführer gedrängte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer steuere eine Medienkampagne, wolle Rüttgers stürzen sehen. Meyer sei „illoyal“ und „intrigant“, war in Düsseldorf zu hören. Doch nicht nur der Vertraute der Bundesvorsitzenden Angela Merkel gilt als potentieller Nachfolger Rüttgers‘ – gehandelt werden auch Friedrich Merz, der erst am Mittwoch öffentlichkeitswirksam seinen Rückzug aus der ersten Reihe der Bundespolitik verkündet hatte, wie der aus Bergisch Gladbach stammende Bundestagsfraktionsvize Wolfgang Bosbach.

Rüttgers aber will kämpfen. Selbst Landtagsabgeordnete, die sich „nicht zu seinen großen Fans“ zählen, machen besonders gegen Merz mobil. Der sei schlicht „nicht durchsetzbar“, Mit seinem spektakulären Abgang habe der Sauerländer nicht nur wie beabsichtigt Merkel, sondern auch dem nordrhein-westfälischen Landesverband schwer geschadet – auf einer Sitzung des Landesvorstands kursierte sogar der Vorwurf der „Fahnenflucht“. Überhaupt sei der wirtschaftsliberale Flügel der nordrhein-westfälischen CDU schwach: „Gibt es den überhaupt“, fragt ein Landtagsabgeordneter süffisant.

Verlassen kann sich Rüttgers dagegen auf den Arbeitnehmerflügel der Partei: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Partei so dumm ist, jetzt am Stuhl von Rüttgers zu sägen“, bringt sich ein Arbeitnehmervertreter in Stellung. Werde Rüttgers ausgerechnet jetzt entmachtet, sei das „ein klares Zeichen, dass wir nicht gewinnen wollen“ – ein Austausch sei „geradezu lächerlich“.

Rüttgers selbst setzt auf Geschlossenheit: Er verbitte sich weitere Ratschläge über die Medien, sagte er auf der Landesvorstandssitzung – seine Kritiker sollten sich doch bitte an ihn persönlich wenden. Sicher kann sich Nordrhein-Westfalens Oppositionsführer seiner Sache aber nicht sein: Offiziell soll der erst auf einem Landesparteitag im Dezember als Spitzenkandidat nominiert werden. Bis dahin dürfte der mit allen Mitteln geführte Machtkampf weitergehen. Erstes Opfer: Friedrich Merz, der in Parteikreisen wegen des verlorenen Machtkampfs mit Merkel schon als psychisch krank gehandelt wird: „Es gibt doch schon Gerüchte, dass er unter Depressionen leiden soll.“