Manche mögen’s leis’

80 Experten diskutieren im Übersee- die Zukunft des Naturkundemuseums – mit unterschiedlichen Meinungen

Bremen taz ■ Science Center? Pfui! So ließe sich die Position einiger der 80 Teilnehmer des internationalen Naturkundemuseums-Kongresses „Bild der Natur“, die gestern in Bremen zu Ende ging, resümieren. Günter Wahlefeld vom Naturkundemuseum Reutlingen etwa sieht in dem Trend lediglich „einen groß angelegten Feldversuch“. Und referiert genüsslich, dass es ja jetzt sogar einen Fachbegriff dafür gebe, dass jugendliche Besucher bei den aufgebauten Experimenten nur aufs Knöpfchen drücken und dann weitergehen. „Die warten das Ergebnis gar nicht ab!“

Entspannter sieht das neue Medium die Gastgeberin: Wiebke Ahrndt, Direktorin des Überseemuseums, nennt die noch jungen Institutionen wie das Universum „die andere Seite derselben Medaille“. Von Konkurrenz müsse man daher gar nicht sprechen. „Es ist nicht so, dass die uns Besucher wegnehmen.“ Im Gegenteil gebe es hier in Bremen zahlreiche Kooperationen – beispielsweise organisiert durch die Tourismuszentrale, die beim Bremen-Besuch an einem Tag den Gang durch’s silberne Ei in Uni-Nähe, am nächsten den geführten Besuch durchs Traditionshaus am Hauptbahnhof anbiete.

Die Medaille heißt Neudeutsch public understanding of science, man kann auch von Volksbildung sprechen.

Und die ist in: „Die Naturkundemuseen erleben derzeit“, weiß Wahlefeld, „einen regelrechten Boom“ und zählt zum Beweis fünf oder sechs Einrichtungen auf, die ihre Sammlung neu präsentieren. „Das hält sich mit den Schließungen die Waage“, korrigiert Walter Igel seinen Reutlinger Kollegen.

Igel muss es denn doch besser wissen, denn der ist nicht nur Direktor des Freiburger Natur- und Völkerkundemuseums, sondern fungierte lange Jahre auch als Sprecher der zuständigen Fachgruppe beim Deutschen Museumsbund. In dieser Zeit hat er die bundesweite Datenbank der Naturkundemuseen aufgebaut.

Hauptthema der Bremer Tagung war, welches Bild der Natur die Fach-Museen zeigen können und sollen – worüber die Meinungen divergieren. Einigkeit herrscht indes über die eigenen Vorzüge: „Wir haben die Sammlung, das Original, das Tier, das einmal gelebt hat“, fasst Ahrndt die Statements zusammen. Igel lobt „die Aura des Objekts“.

Und Wahlefeld will’s ästhetisieren, sprich „komplexe Wahrnehmungen“ anbieten. Allerdings: Weitestgehend aufs Schauen beschränkt. „Wie im Kunstmuseum, das gilt ja auch ein absolutes don’t touch“, schwärmt er von einem Reich der Stille. Während er das sagt, lärmt unten in der Ozeanien-Ausstellung wieder ein Fisch. Beruhigend, dass man in Bremen mitunter weiter ist als in Reutlingen.

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