haushaltsurteil
: Ungemütliche Lage

Der Berliner Landeshaushalt ist verfassungswidrig, weil die Summe der jährlichen Neuverschuldung die zulässige Höhe – die Ausgaben für Zukunftsinvestitionen – überschreitet. Das ist seit etwa zehn Jahren der Fall, jetzt hat der Landesverfassungsgerichtshof nach einer Klage der Opposition einen Schlussstrich gezogen.

Kommentar von RICHARD ROTHER

Allerdings weist das Gericht dem rot-roten Senat auch einen Weg aus der Klemme. Denn unbestritten ist, dass das wirtschaftliche Gleichgewicht der Stadt seit Jahren nachhaltig gestört ist: Minuswachstum und bis zu 20 Prozent Arbeitslosigkeit lassen, vielen Sparbemühungen zum Trotz, kaum Alternativen zur Neuverschuldung erkennen. Berlin kann ja nicht einfach wie eine Firma, die nicht läuft, dichtgemacht werden. Das Land muss seinen staatlichen Verpflichtungen nachkommen können, die ihm unter anderem Bundesgesetze auferlegen – zum Beispiel bei der Sozialhilfe.

Will der rot-rote Senat einen verfassungsgemäßen Haushalt vorlegen, muss er in Zukunft detailliert begründen, wie er mit der Neuverschuldung die Wirtschaftskraft der Stadt erhöhen will. Übermäßiges Schuldenmachen, um Haushaltslöcher zu stopfen, geht nicht. Schon der nächste Haushalt wird daraufhin abgeklopft werden.

Unterstützung bedeutet das Urteil aber für den Berliner Gang nach Karlsruhe. Das Verfassungsgericht hat nämlich anerkannt, dass sich Berlin in einer extremen Haushaltsnotlage befindet und auf Hilfen des Bundes und der anderen Länder hoffen darf. Insofern hat die Klage der Opposition dem Senat indirekt in die Hände gespielt.

Grund zur Freude für die, die an Unis und Schulen oder in Kitas und Schwimmhallen vom Sparkurs betroffen sind, besteht dennoch nicht. Etwaige Bundeshilfen dürften nämlich nur zur Schuldentilgung verwendet werden. Die weit auseinander klaffende Schere zwischen den eigenen Einnahmen der wirtschaftsschwachen Hauptstadt und ihren Ausgaben schlössen diese Hilfen von außen nicht. Auch nach dem gestrigen Urteil bleibt festzustellen: Berlin wird weiter ungemütlicher werden.